von Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Donnerstag, 19. November 2009 / 12:01 h
Die Schweinegrippe, die nun auch in der Schweiz richtig an Wucht gewinnt, ist ein sehr gutes Lehrstück, dafür, wie man eine Pandemie in der heutigen Zeit bekämpfen kann und was alles dabei schief gehen könnte. Dabei hat man Glück, dass diese spezielle Grippe meistens nicht allzu heftig verläuft und so trotz der hohen Ansteckungsraten hoffentlich nicht viele Todesopfer fordern wird.
Und das ist wirklich ein Glück, denn die Art und Weise wie unsere potenziell aufgeklärte Gesellschaft diese Pandemie handhabt, lässt einen für die Zukunft nicht viel Gutes erhoffen. Doch immerhin sind manche der Probleme erkannt worden, wie das Zulassungs- und Verteilchaos der verschiedenen Impfstoffe in der Schweiz.
Die vom BAG-Chef Zeltner geäusserte Hoffnung, dass die Grippewelle erst dann zuschlagen möge, wenn auch die Impfstoffe tatsächlich vor Ort seien, tönte nicht allzu toll. Ebenso wenig souverän war die Aufklärungstätigkeit über mögliche Risiken von Impfung, Nicht-Impfung und den Impfstoffverstärkern, die zum Einsatz kommen.
Völlig ignoriert wurden dabei von offizieller Seite die in manchen irren Massen-E-Mails und Webseiten verbreiteten Behauptungen, statt diese offensiv zu kontern. Diese Propaganda der Impfgegner, die zum Teil auch in Forenbeiträgen von news.ch Verschwörungstheorien von höchster Verrücktheit verbreiteten, haben bei vielen Leuten unbegründete Ängste geschürt, während Boulevardmedien einzelne Todesfälle (zum Beispiel in Schweden) unter Geimpften als Folge der Impfung darstellten. Dass es sich bei den Geimpften um Risikogruppen, die ohnehin geschwächt waren, handelte, von denen rein statistisch eine gewisse Anzahl sterben würde, ob geimpft oder nicht, wurde natürlich nicht erwähnt. Was den Verschwörungstheoretikern wiederum Futter gab.
Ein weiteres Problem war natürlich die lange mediale Vorlaufzeit dieser Grippe. Seit dem Frühsommer wurde man bereits mit Schweinegrippe-Meldungen bombardiert, obwohl die Krankheit mit grosser Wahrscheinlichkeit erst in der echten «Grippesaison», eben Spätherbst und Winter, auch hier zuschlagen würde. Der ständig tönende Alarm hatte denn auch leider eine ermüdende Wirkung auf die Bevölkerung, da es aussah, als ob die Krankheit nur in den Nachrichten stattfände.
Im Theater heisst es, dass eine misslungene Generalprobe ein gutes Omen für die Premiere sei. Trifft dies auch für die Gripppe zu, dann besteht ja Grund zur Hoffnung.
Denn es gibt einen anderen Virus, der immer noch in den Startlöchern sitzt und die Epidemiologen seit Jahren in Atem hält: Der als Vogelgrippe bekannte Virus H5N1. Vor allem in Indonesien hat sich dieser, unter dem Geflügel extrem tödliche Virus festgesetzt und springt immer wieder auch auf den Menschen über. Ansteckungen zwischen Menschen sind glücklicherweise immer noch selten, doch dort, wo er übertragen wird (vielfach zwischen Eltern und Kindern), ist er zu 60% tödlich, wobei die Zahlen leider sehr ungenau sind. Die indonesische Gesundheitsministerin Siti Fadilah weigert sich, mit der WHO eng zusammenzuarbeiten und gibt unter dem Vorwand, der Westen wolle mit den Virenmustern nur ein Geschäft machen, Proben und Informationen nur sehr beschränkt heraus. Deshalb ist völlig unklar, wie der Virus sich im Moment entwickelt und wie gross die Gefahr konkret ist.
Wann und wie genau H5N1 dereinst zuschlagen wird, ist unklar aber der Virus ist potenziell viel gefährlicher als die «Schweinegrippe». In diesem Sinne ist die relativ milde Variante, die sich jetzt durch Europa bewegt, die perfekte Hauptprobe für H5N1, wenn dieser Virus irgendwann aus dem Versteck ausbricht. Und es wäre besser, wenn die Premiere dann auch wirklich gelingt. Ein Durchfallen könnte zur Katastrophe werden.