Ihre Analyse des Bloggeschehens in China kommt zum folgenden Schluss: Celebrity-Talk und Eigendarstellung sind die Hauptthemen, politische Kommentare hingegen äusserst selten - denn das Internet bietet dem Staat die besten Voraussetzungen, seine Bürger zu überwachen.
Staat sieht alles
In Sachen Internet-Zensur überbietet kaum ein Land das Reich der Mitte. «Die Offenheit des Netzes erlaubt dem Staat, alle Online-Aktivitäten der Bürger rückzuverfolgen», so Studienautor Junhao Hong. Über die Provider erhält die Regierung Einsicht in alle echten Namen, Adressen, Telefonnummern und E-Mail-Adressen der Blogger, überwacht so die Inhalte und kann in Windeseile illegale, nachteilige Daten zu löschen oder den Internetzugang des jeweiligen Bloggers kappen.
Dass das funktioniert, garantieren die staatlichen Internetprovider, die Organisationen sowie auch die internationalen Player, die sich allesamt an die strengen Vorgaben der Regierung halten. Möglich wurde das durch eine Abmachung im Jahr 2007, die 20 der wichtigsten Blog-Provider - darunter auch Yahoo und Microsoft - unterzeichnet haben. «Aufgrund der Grösse des Landes waren den Anbietern die wirtschaftlichen Interessen hier eindeutig wichtiger», erklärt Georg Hildebrand, Koordinator von Reporter ohne Grenzen für die deutschsprachige Schweiz.
Kein Medium der freien Sprache
Auf die Bevölkerung hat dies drastische Folgen, so US-Forscher Hong.
Der Staat liest mit. /


Die stete Angst, entdeckt und arrestiert zu werden, entpolitisiere die Blog-Kommunikation, was einer Selbst-Zensur gleichkomme. Für das eine Prozent des Milliardenreiches, das aktiv bloggt, sei das Internet kaum Medium der freien Sprache, sondern diene eher dem Celebrity-Tratsch und der Selbstdarstellung. Das spiegelt sich auch in den Internet-Angeboten wider.
So offen sich Chinas Regierung in Sachen Wirtschaft auch zeige, gegenüber eigenen Internet-Aktivisten werde sie auch in absehbarer Zukunft die Oberhand behalten, schliesst der US-Kommunikationsexperte. «Das Internet ist keine echte Bedrohung für autoritäre Regimes.»
Immerhin gibt es jedoch auch Gegenbeispiele wie das im Netz veröffentlichte Tagebuch des Parteifunktionärs Han Feng, dessen Berichte von Bestechungsgeldern und Zügellosigkeit selbst in China Wogen schlugen. «Auf sehr tiefer Ebene trägt das Internet auch in China zur freien Meinungsäusserung bei. Das gelingt, wenn Informationen ins Ausland getragen werden und Sympathisanten finden», erklärt Hildebrand.