Nach den Freitagsgebeten strömten die Menschen in Massen aus den Moscheen zum Tahrir-Platz im Zentrum Kairos. Es war die grösste Kundgebung seit Dienstag, als eine Viertelmillion Menschen den Rücktritt von Langzeitpräsident Husni Mubaraks gefordert hatten.
Es herrschte heitere Stimmung auf dem Platz, der in den letzten beiden Tagen Schauplatz stundenlanger Strassenschlachten zwischen Anhängern und Gegnern Mubaraks war. Am Ende eines gemeinsamen Gebets zum Gedenken an die bei den Protesten getöteten Demonstranten stimmten die Protestierenden in den Ruf «Verschwinde, verschwinde» ein.
Die Armee sicherte die Zugänge zum Platz mit Stacheldraht und führte Ausweiskontrollen durch. Es kam nur noch vereinzelt zu Zusammenstössen zwischen Gegnern und Anhängern Mubaraks.
Die Demonstranten planten den Marsch vom Tahrir Square zum Präsidentschaftpalast. /

In Kairo müssen erneut gewalttätige Zusammenstösse mit Mubarak-Befürwortern befürchtet werden. /


Erstmals zeigte sich mit Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi auch ein ranghohes Regierungsmitglied auf dem Tahrir-Platz.
Verhandlungen über Abgang Mubaraks
Wie die «New York Times» am Freitag berichtete, sind die USA offenbar dabei, hinter dem Rücken Mubaraks über eine Übergangsregierung unter der Führung von Vizepräsident Omar Suleiman zu verhandeln. Die Interimslösung solle die Unterstützung des Militärs haben und auch die Muslimbruderschaft einschliessen.
Auch die Staats- und Regierungschefs der EU forderten am Freitag an ihrem Gipfel in Brüssel einen sofortigen Wandel in Ägypten. Der ägyptische Regierungschef Ahmed Schafik schloss am Abend jedoch eine Übergabe der Macht von Mubarak an dessen Stellvertreter Suleiman aus.
Mubarak sei «eine Art Garant für die Stabilität» Ägyptens, sagte Schafik dem arabischen Fernsehsender Al-Arabija. Auch Mubarak selbst hatte am Donnerstag einen sofortigen Rücktritt abgelehnt und dem Sender ABC erklärt: «Wenn ich heute zurücktrete, wird Chaos ausbrechen».
Al-Baradei hält Kandidatur für Präsidentenamt offen
Friedensnobelpreisträger Mohamed al-Baradei hat eine Kandidatur für Ägyptens Präsidentenamt nicht ausgeschlossen. Sollte er gefragt werden, könnte er antreten, sagte Al-Baradei am Freitag in einem Telefoninterview mit dem Sender Al Dschasira.