Die meisten davon seien erschossen worden, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Abend unter Berufung auf den Leiter einer Intensivstation in der Küstenstadt Benghasi. Rund 100 Menschen seien schwer verletzt worden.
«Heute hat sich eine echte Tragödie abgespielt», wurde der Arzt zitiert. Von unabhängiger Seite konnte der Bericht wie auch die meisten anderen Informationen aus Libyen nicht bestätigt werden. Journalisten ist der Zugang nach Benghasi verwehrt. Dort sollen auch am Sonntag zehntausende gegen den seit über 40 Jahren herrschenden Gaddafi protestiert haben.
Unterschiedliche Informationen
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte am Sonntagnachmittag noch von 173 Demonstranten berichtet, die seit Dienstag getötet wurden. Allein am Samstag sollen es 90 gewesen sein.
Ein Spitalarzt aus der Küstenstadt Benghasi, wo sich offenbar die heftigsten Zwischenfälle ereigneten, berichtete von mindestens 200 Demonstranten, die von Einsatzkräften Gaddafis getötet wurden.
Muammar al Gaddafi steht unter Druck. /

Berichte von den Protesten werden unterdrückt. (Archivbild: twitpic.com/40q9bj) /


Die Website «Libya al-Youm» sprach am Sonntag von 208 Toten.
In Benghasi, der zweitgrössten Stadt des Landes, sollen sich Teile der Streitkräfte den Aufständischen angeschlossen haben. Einige Städte Libyens sollen laut Oppositionellen ganz oder zum Teil «befreit» sein, wie die Nachrichtenagentur dpa meldete.
Plündern und Brandstiftung
Einwohner Benghasis sagten, in der Nacht auf Sonntag habe es ein Massaker gegeben. Die Sicherheitskräfte hätten schwere Waffen eingesetzt, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters Einwohner.
Ein Italiener berichtete der italienischen Nachrichtenagentur Ansa aus Benghansi von Plünderungen und Brandstiftung an Regierungs- und Verwaltungsgebäude sowie einer Bank. Nirgendwo sei Polizei zu sehen.
Experten halten es für unwahrscheinlich, dass die Proteste zum Sturz Gaddafis führen könnten.
Libyen rechtfertigt sich
Das blutige Vorgehen der Sicherheitskräfte Gaddafis stiessen am Sonntag international auf Kritik. Die USA, die EU und Einzelstaaten wie Grossbritannien verurteilten die Gewaltanwendung und forderten die Behörden zur Zurückhaltung auf.
Libyen seinerseits drohte der EU, keine Flüchtlingsströme aus Afrika mehr abzufangen. Brüssel solle die Demonstranten in Libyen nicht mehr ermutigen.
Libyens Regierungschef Al-Baghdadi al-Mahmudi rechtfertigte am Sonntagabend das Vorgehen. Libyen habe das Recht alle Massnahmen zu ergreifen um die Einheit des Landes zu bewahren.