et / Quelle: news.ch / Freitag, 27. Mai 2011 / 12:12 h
Eines ist nämlich sicher: Strom ohne Atom würde teurer. Zum einen, weil zurzeit im AKW-Strom keine Risikoprämie eingepreist ist. Aber das ist diese auch nicht im Staudamm-Strom. Zum anderen auch, weil die Produktion und der Erntefaktor zum Beispiel bei Solaranlagen einiges teurer, beziehungsweise tiefer sind.
Und während es kostenlos ist, in einer Umfrage die sofortige Abschaltung aller AKW's zu verlangen, wird der Schritt in der Praxis, dort wo er sich auf der Stromrechnung zeigen würde, scheinbar recht selten gemacht.
Die St. Galler Stadtwerke zum Beispiel verkaufen ihren Abonnenten auch Monate nach Fukushima nicht einmal 10% reinen Ökostrom. Dieser Anteil liegt scheinbar einiges über dem Schweizer Durchschnitt - dies dank diverser Unternehmen, die Ökostrom beziehen. Beim normalen Stimmbürger hingegen dümpelt der Kundenanteil zwischen einem und drei Prozentpunkten.
Und dies, obwohl eines der Abonnente nur unwesentlich - ca. 2 Rappen/Kilowattstunde - teurer ist, als der normale Strommix und zwar jener aus den Wasserkraftwerken. Die Mehrkosten dafür bewegen sich im Monat bei 4-6 Franken, mithin dem Preis von 2 Tassen Kaffee im Selbstbedienungsrestaurant.
Solarenergie: Alle wollen sie... aber nicht bezahlen /


Solarstrom und Windstrom hingegen sind einiges kostspieliger. Doch wie dem auch sei: Leute, die für Bio-Milch, -Gemüse und -Fleisch gerne 20% mehr ausgeben und Gentech trotz möglicher Kostenvorteile verschmähen, müssten bei einer 70%igen Zustimmung zum Atomausstieg doch mehr als die paar lächerlichen Prozentchen Ökostrom kaufen.
Die Abstimmung mit dem Portemonnaie hat der Ökostrom im Moment noch klar verloren und reine Lippenbekenntnisse bringen rein gar nichts, da die dabei erzeugte warme Luft leider nicht für die Energieproduktion genutzt werden kann. Es bleibt vermutlich am Ende an der Wirtschaft hängen, eine Wende zu vollbringen. Aber man soll sich lieber keinen Illusionen hingeben.
Im Maschinenbau, in der Metall- und chemischen Industrie wird jetzt schon die Energie als teurer Produktionsfaktor wahrgenommen und so ökonomisch wie möglich damit umgegangen. Allerdings müssten die Stromproduzenten bei ihren grössten Verbrauchern vor Ort allenfalls selbst nach weiteren Methoden suchen und allenfalls vom Diktum des reinen Stromverkaufs los kommen. So wäre es allenfalls interessant, die Abwärme von Stahlwerken durch Wärmetauscher zu nutzen, in Fernwärmenetze einzuspeisen und so Energie nicht vor Ort einzusparen und trotzdem den Gesamtverbrauch zu reduzieren.
Eine Schweiz ohne AKW's erfordert jedenfalls einen umfassenden Umbau und es ist dabei ein breit abgestütztes Vorgehen erforderlich, wobei die Strom-Infrastruktur fast neu Erfunden werden müsste: Intelligente Strom-Netze, Speicher-Kapazitäten für Ökostrom, optimiertes Strommanagement in Haushalten und noch vieles mehr werden einiges an Kapital und Planung erfordern. Dies sind Dinge, die sich nicht einfach daherplappern lassen und Dinge, von denen eine Verwirklichung eines Ausstieges abhängt. Zudem müssten auch an vielen Orten Wind- und Solaranlage errichtet und Stauseen erhöht werden, wobei hier breiter Widerstand von der Bevölkerung zu erwarten ist, was durchaus mit der schizoiden Haltung vieler Stromkonsumenten Hand in Hand geht.
Ein Blackout nach einem Schnellschuss-Ausstieg wäre, sobald die Schock-Erinnerung an Fukushima verblasst ist, ein möglicher Todesstoss für denselben: Der Ausstieg vom Ausstieg ist immer eine Option, vor allem wenn er von verfaultem Essen im Kühlschrank erloschenen Lampen am Abend begleitet ist. Und nicht zuletzt in Anbetracht der Tatsache, dass den Ausstieg scheinbar fast jeder haben, aber fast keiner zahlen will.