Die Befürworter der Initiative argumentierten mit wissenschaftlichen Befunden, appellierten an die Solidarität mit Gastronomieangestellten und forderten ein Ende des «Regel-Wirrwarrs» in den Kantonen. Vergeblich.
Am Ende gewichteten vor allem die bürgerlichen Nationalräte die Freiheit der Bürger und Kantone sowie die Rechtssicherheit höher. Die grosse Kammer lehnte das Volksbegehren nach rund dreistündiger Debatte mit 118 zu 54 Stimmen bei 9 Enthaltungen ab. Sie folgte damit dem Entscheid des Bundesrats. Das Geschäft geht nun in den Ständerat.
«Aus politischer Sicht wäre es problematisch, eine erst in Kraft gesetzte Regelung bereits wieder zu ändern», sagte Ruth Humbel (CVP/AG) mit Blick auf das seit dem 1. Mai 2010 geltende Bundesgesetz. Dieses sieht eine Ausnahme vom Rauchverbot für kleine Lokale vor und erlaubt abgetrennte und «ausreichend belüftete» Raucherräume, sogenannte Fumoirs, auch mit Bedienung.
Die Volksinitiative der Lungenliga hingegen will eine Verschärfung des Rauchverbots in der Verfassung festschreiben. Demnach sollen nur noch unbediente Fumoirs erlaubt sein. Kleine Raucherlokale wären nicht mehr gestattet. Betroffen vom Rauchverbot wären zudem sämtliche Innenräume, die als Arbeitsplatz dienen, auch Einzelbüros oder Werkstätten.
Der Nationalrat will die bestehende Regelung des Rauchverbots nicht ändern. /

Büchse der Pandora
Gerade das Rauchverbot für Einzelbüros schien manchen Nationalräten übertrieben, so auch Guy Parmelin (SVP/VD). Er warnte davor, sich auf einzelne Gruppen der Gesellschaft einzuschiessen. «Heute sind es die Raucher, morgen vielleicht die Menschen, die keinen Sport treiben oder zuviel essen», sagte er.
Lukas Reimann (SVP/SG) fürchtet sich vor künftigen Verboten: «Pläne für ein Alkoholverbot liegen schon vor», sagte er. Auch Schokolade, Kaffee oder Handys seien schädlich und könnten einst im Zuge der Regulierungswut verboten werden. Die Freiheit des einzelnen Bürgers müsse oberstes Gut bleiben.
Gesundheit als oberstes Gut
Vor allem Mitglieder der Ratslinken verteidigten die Volksinitiative. «Es geht nicht einfach darum, den Tabakrauch aus der Umgebung zu entfernen, weil es eine unangenehme Erscheinung ist», sagte Yvonne Gilli (Grüne/SG). Sondern es gehe um die Gesundheit aller. Ein Tag Passivrauchen entspreche 15 bis 38 Zigaretten pro Tag, sagte Franziska Teuscher (Grüne/BE).
Zahlreiche Befürworter der Initiative zitierten wissenschaftliche Studien. Diese belegten, dass in den Kantonen Tessin und Graubünden die Herzinfarkte nach Einführung des verschärften Rauchverbots um rund 20 Prozent zurückgegangen seien. In Genf sei zudem ein Rückgang der Atemwegerkrankungen bewiesen worden.