Damit bestätigt sich laut Analysten ein Trend, der schon vor einigen Jahren eingesetzt hat: Junge Leute, die ihren TV-Konsum bevorzugt im Internet oder zeitverzögert via digitaler Aufzeichnung abwickeln, schwächen eine wichtige Einnahmequelle der Sender. Wenn das für die Werbeindustrie relevanteste Zuschauersegment zur Prime-Time nicht mehr vor den Schirmen sitzt, verliert die Industrie Millionen.
Durch eine Miteinbeziehung alternativer Konsumformen in die Messung des Seherverhaltens könnten die TV-Sender ihre Schäfchen ins Trockene bringen. «Die Einschätzung, dass junge Menschen eher auf Internet und non-lineare Konsumformen setzen, ist realistisch. In der Schweiz werden wir ab 2013 ein neues Messverfahren einführen, das auch den TV-Konsum im Netz und das zeitverzögerte Sehen berücksichtigt. Auch die Stichprobe wird angepasst», erklärt Nico Gurtner von der Publica Data AG gegenüber pressetext.
Drastische Verluste
In den USA baut die Industrie derzeit noch auf ein Erhebungsverfahren, das lediglich TV-Geräte berücksichtigt. In den vergangenen vier Wochen sind die werberelevanten Zuseher zur Primetime bei allen Sendern um drei bis 21 Prozent zurückgegangen. Selbst die beliebtesten Serien für die junge Zielgruppe haben Einbussen hinnehmen müssen. Ein Rückgang im Frühjahr ist zwar nicht aussergewöhnlich, da das Wetter besser und die Tage länger werden.
In den vergangenen vier Wochen sind die werberelevanten Zuseher zur Primetime bei allen Sendern um drei bis 21 Prozent zurückgegangen. (Symbolbild) /


Aber selbst im Vergleich zum Frühjahr 2011 stehen die TV-Sender durch die Bank schlecht da.
Ausserdem sind die Zuschauerzahlen für Erstausstrahlungen, die für gewöhnlich im Hauptabendprogramm laufen, 14 Quartale in Folge gesunken. Die Schwäche der Hit-Show «American Idol», die bei den 18- bis 45-Jährigen enorm beliebt war, trägt einiges zu den schwächelnden Seherzahlen bei. Den Hauptgrund sehen Experten aber in den sich ändernden Sehgewohnheiten der Menschen. Durch neue Vertriebsmodelle wie etwa Staffel-Pässe können die Menschen ihre Serien sehen, wann sie wollen. Digitale Videorekorder und das Internet verschlechtern die Situation für traditionelle Messungen noch.
Kein Gradmesser
Durch die Änderung des TV-Konsumverhaltens sind klassische Einschaltquotenmessungen ein zunehmend schlechtes Mittel, um den tatsächlichen Erfolg einer Sendung zu ermitteln. Die Zahl der Seher, die sich Aufzeichnungen ansehen, könnte ein Format in der Rangliste der beliebtesten Inhalte um einige Plätze nach vorne katapultierten. Die Werbeindustrie täte also gut daran, sich neue Massstäbe anzuschaffen. Das ist nicht sehr anspruchsvoll. Das Problem, dass viele alternative Konsumformen den Genuss von Sendungen ohne Werbeunterbrechungen erlauben, dürfte schwerer zu lösen sein.