Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Mittwoch, 21. August 2013 / 13:34 h
Er berichtet darin (am besten gleich jetzt lesen - Link nebenan) als konkretes Beispiel von einem Firmenanwalt, der seinen Job als Dichter und Sänger wegen Schulden und einer jungen Familie aufgeben musste und nun zwar in einer renommierten Firma viel Geld verdient, sich aber innerlich leer und verzweifelt fühlt, weil das, womit er seinen Tag ausfüllt, nutzlos für die Welt ist, und er für viel Geld etwas Überflüssiges macht.
Der Mann ist kein Einzelfall, sondern fast die Regel. Es ist ja unterdessen so, dass die Studienwahl jener, die nicht wissen, was sie wollen, vielfach Jura ist, wenn sie danach ordentlich Geld verdienen wollen. Und es funktioniert. Legionen von Anwälten bevölkern die Managementetagen, Parlamente und Golfklubs der Welt. Sie sorgen dafür, dass mit den von ihnen lobbyierten, verabschiedeten und durchgedrückten Gesetzen ihre ähnlich sinnbefreit agierenden Kollegen in den Investmentabteilungen von Grossbanken die nächste Rezession vorbereiten können.
Besonders lautstarke Exemplare dieser Nutzlosfraktion gefallen sich dabei, öffentlich jene Menschen, die nützliche Arbeit (Krankenschwestern, Lehrer, Müllmänner, Kinderbetreuerinnen) im öffentlichen Dienst leisten, aggressiv zu kritisieren, weil diese von Steuergeldern lebten und überbezahlt seien. Dies passiert nicht zuletzt in populistischen und wirtschaftsnahen Parteien, die zwar Lehrergehälter als skandalös, Anwaltshonorare aber als absolut gerechtfertigt betrachten.
Nun ist es eine Binsenweisheit, dass sich in einem durchschnittlichen Parlament westlicher Provenienz mehr Anwälte pro Quadratmeter als Fliegen auf einem frischen Kuhfladen finden und es wäre vermessen zu glauben, dass sich ein Grossteil dieser Illusionen über ihre Nützlichkeit für die Mitmenschen macht. Viele sind sich absolut bewusst, dass die Welt ohne ihre Tätigkeit keinen Deut schlechter wäre und sie einfach machen, was sie machen, um Geld zu verdienen und ihren sozialen Status zu bewahren.
Nun sind vor allem in den USA und Grossbritannien besonders viele Rechtsanwälte im Parlament und in der Regierung tätig (US-Parlament ca. 50%, in Grossbritannien eine nicht näher spezifizierte Mehrheit).
Cameron, Obama: «Siehst du, der BS steht schon so hoch!» /


Dass Premier David Cameron (im Gegensatz zu Barack Obama) nicht Anwalt ist, liegt wahrscheinlich vor allem daran, dass der in England angebotene PPE-Abschluss (Philosophy, Politics, Economics) unterdessen zur Politiker-Grundausbildung mutiert und daran ist, das Jura-Studium auf der Nutzlos-Skala zu verdrängen.
Was diese Regierungs- und Parlamentsmitglieder und ihre Kollegen in den Führungsschichten vieler Wirtschafts-Giganten verbindet, ist das Wissen, dass zur Erhaltung der Strukturen, welche diese Bullshit-Jobs ermöglichen, eine gewisse Stabilität nötig ist und natürlich sehr viel Arbeit von jenen, die noch nützliche Tätigkeiten ausführen, um die Unten-Rauf-Finanzierung zu ermöglichen. Trotz neoliberaler Klagen ist es ja so, dass wesentlich mehr Geld aus der Wirtschaft an jenen, welche die Wertschöpfung erzielen, vorbei nach oben fliesst, als dann durch Steuern wieder nach unten.
Doch das reichte leider noch lange nicht aus, um den Lebensstil dieser «Elite» zu finanzieren. Die abenteuerlichen Finanzkonstrukte, welche die Wirtschaftskrise, in der wir alle noch stecken, ausgelöst haben, waren und sind ja nichts als eine Hypothek auf die Zukunft, die heute ausbezahlt wird und für welche Mittelstand und Unterschicht die Zeche zahlen sollen.
Regierungen und Eliten müssten eine neue Welt gestalten. Doch wer in einem Glaspalast haust, wird sich davor hüten, diesen auch nur ansatzweise um zu modeln, vor allem wenn ein Zusammenbruch das ganze System des eigenen feudalen Lebensstils in Gefahr bringen könnte. Stattdessen verbarrikadiert man das fragile Konstrukt und fährt jedes nur mögliche Abwehrdispositiv auf.
Dass dabei auch Zufälle helfen können, wie echte oder eingebildete terroristische Bedrohungen, um eine geradezu totalitäre 360°-Überwachung der Bürger zu rechtfertigen, ist eigentlich nichts als logisch.
Die Angst-Kulisse, die uns seit mehr als einem Jahrzehnt begleitet, ist perfekt, um die Bullshit-Feudalherrschaft und ihr Verteidigungsdispositiv scheinbar rational zu erklären. Das Misstrauen gegenüber allem und jedem, der Anspruch, dass Unfreiheit nötig sei, um die Freiheit zu verteidigen, das zögern, in Konflikten die moralisch und strategisch nicht richtige Position einzunehmen (I am looking at you, Mr. Obama!) und der panische Rückzug der Menschen aus der öffentlichen Gesellschaft in die familiäre Pseudo-Intimität spielen jenen in die Hände, welche den Status Quo erhalten und ausbauen wollen.
Ja, auf einmal macht alles erschreckend viel Sinn und die Bullshit-Jobs wirken vor der Kulisse von Bullshit-Regierungen, deren Bullshit-Geheimdienste jede Transparenz zu unterdrücken versuchen, absolut logisch. Fragt sich nur, ob es irgendwer schaffen wird, diesen modernen Augiasstall noch auszuräumen, bevor wir in der Sch... ersticken.