Am Ergebnis bestehen kaum Zweifel. Die Berlusconi-Gegner von Demokratischer Partei, Protestbewegung Fünf Sterne und anderen verfügen mit 165 von 321 Senatoren über die Mehrheit in der kleineren der beiden Parlamentskammern.
Auch Berlusconis Appell an seine Gegner, ihn im Parlament zu belassen, dürfte am Ausgang der Abstimmung am Mittwoch nichts ändern. Der «Cavaliere», der dem Parlament zwei Jahrzehnte lang angehörte, begründete seinen Aufruf vom Montag damit, dass seine Mitsenatoren «nicht die Grundsätze der Demokratie niedertrampeln» sollten.
Mit dem ihm eigenen Pathos warnte Berlusconi sie vor einer Entscheidung, die sie «vor Ihren Kindern, Ihren Wählern und allen Italienern mit Schande überhäufen» werde.
Rechtslage eindeutig
Italiens Oberstes Gericht hatte am 1. August Berlusconis Verurteilung wegen Steuerbetrugs bei seinem Medienkonzern Mediaset zu vier Jahren Haft bestätigt.
Auch wenn der steinreiche Medienunternehmer wegen seines hohen Alters und einer Amnestieregelung drei Jahre erlassen bekam, scheint die Rechtslage eigentlich eindeutig: Gemäss dem 2012 auch mit den Stimmen der Berlusconi-Partei beschlossenen sogenannten Severino-Gesetz verliert jeder rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilte Politiker sein Mandat.
Berlusconi wäre allerdings nicht Berlusconi, wenn er nicht dagegen ankämpfen würde. Er argumentiert, dass in seinem Fall das Gesetz keine Anwendung finde, da der ihm zur Last gelegte Straftatbestand ein Jahrzehnt zurückliege.
Zu diesem Zeitpunkt habe das unter Regierungschef Mario Monti verabschiedete und im Januar in Kraft getretene Severino-Gesetz noch nicht gegolten.
Silvio Berlusconis Amt hängt an einem seidenen Faden. /


Die rückwirkende Anwendung des nach Montis Justizministerin Paola Severino benannten Gesetzes bekämpfen Berlusconis Anwälte derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg.
Neue Zeugen
Auf einer Medienkonferenz in Rom kündigte der 77-jährige Berlusconi am Montag an, dass er den sogenannten Mediaset-Prozess von einem Berufungsgericht in Brescia neu aufrollen lassen wolle. Er verfüge über zwölf Zeugenaussagen zu diesem Verfahren, von denen sieben «vollständig neu» seien.
Der Immunitätsausschuss des Senats hatte auch in zweiter Instanz Anfang Oktober dafür gestimmt, Berlusconi seinen Sitz in der Kammer zu entziehen. Das letzte Wort hat nun das Senatsplenum. Berlusconi sprach in diesem Zusammenhang von einem «Staatsstreich».
Noch mehr Verfahren
Der viermalige frühere Ministerpräsident fürchtet die Aberkennung seiner parlamentarischen Immunität nicht zuletzt deshalb, weil noch mehr Verfahren gegen ihn anhängig sind.
In einem Prozess wegen Amtsmissbrauchs und bezahlten Sex mit einer Minderjährigen verurteilte ihn ein Gericht Ende Juni in erster Instanz zu sieben Jahren Haft ohne Bewährung und zu einem lebenslangen Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Berlusconi 2010 bezahlten Sex mit der zur Tatzeit minderjährigen Nachtclubtänzerin Karima al-Mahrough alias Ruby Rubacuore (Ruby Herzensbrecherin) hatte. In der vergangene Woche veröffentlichten Urteilsbegründung hiess es zudem, Berlusconi habe Zeugen bestochen und Beweise gefälscht.
Das Urteil ist erst rechtskräftig, wenn alle Revisionsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, was im kommenden Jahr der Fall sein könnte.