Eine weitere Öffnung, die das Parlament verlangt hatte, stellt der Bundesrat lediglich als Variante zur Diskussion: Die Adoption von Stiefkindern könnte auch Paaren ermöglicht werden, die weder verheiratet sind noch ihre Partnerschaft eintragen liessen. Voraussetzung wäre eine faktische Lebensgemeinschaft. Nicht erlauben will der Bundesrat Unverheirateten die Adoption eines anderen Kindes als jenes des Partners oder der Partnerin. Bei der Stiefkindadoption für Paare, die weder verheiratet sind noch ihre Partnerschaft eintragen liessen, zeigt er sich skeptisch.
"Lebensgemeinschaft" definieren
Zwar berücksichtige die zivilstandsunabhängige Möglichkeit der Stiefkindadoption die gesellschaftliche Entwicklung, schreibt der Bundesrat im Bericht zur Vernehmlassung. In über 10'000 Haushalten würden Kinder in faktischen Lebensgemeinschaften aufwachsen.
Würde man die Stiefkindadoption auch für faktische Lebensgemeinschaften öffnen, wären aber Fragen zu klären - unter anderem müsste definiert werden, was eine "faktische Lebensgemeinschaft" sei. Es stelle sich die Frage, ob es tatsächlich gerechtfertigt sei, die Stiefkindadoption auf sämtliche Partnerschaften auszudehnen.
Unabhängig von Zivilstand
Das Parlament hat in den letzten Jahren verschiedene Vorstösse zum Thema Adoption angenommen. Zuletzt beauftragte es den Bundesrat damit, die Adoption von Stiefkindern allen Erwachsenen zu ermöglichen, ungeachtet ihres Zivilstandes und ihrer Lebensform.
Damit könnten auch Paare Stiefkinder adoptieren, die weder verheiratet sind noch in eingetragener Partnerschaft leben. Der Ständerat hatte weiter gehen wollen. Nach seinem Willen sollte nicht nur die Stiefkindadoption, sondern auch die Adoption anderer Kinder unabhängig von Zivilstand und Lebensform sein. Dies lehnte der Nationalrat aber ab.
Adoption ab 28 Jahren
Mit anderen Vorstössen hatte das Parlament die Senkung des Mindestalters für Adoptionen gefordert.
Die Adoption von Stiefkindern soll künftig nicht mehr nur Ehepaaren möglich sein. (Archivbild) /


Dies will der Bundesrat erfüllen: Er schlägt vor, das Mindestalter für Adoptionen von heute 35 auf 28 Jahre zu senken. Ein Höchstalter soll es nicht mehr geben.
Weiter soll die Mindestdauer der Ehe oder Partnerschaft neu bei drei statt wie bisher bei fünf Jahren festgesetzt werden. Diese Dauer würde für alle Formen von Paarbeziehungen gelten, denen neu die Stiefkindadoption offensteht.
Adoptionsgeheimnis lockern
Ferner schlägt der Bundesrat vor, das Adoptionsgeheimnis für leibliche Eltern zu lockern, die Informationen über das zur Adoption freigegebene Kind erhalten möchten oder dieses Kind suchen.
Das Kind hat schon heute einen Anspruch darauf, seine Abstammung zu kennen - unabhängig davon, ob die leiblichen Eltern zustimmen oder nicht. Neu sollen die leiblichen Eltern nun die Personalien des zur Adoption freigegebenen Kindes erfahren, wenn das volljährige Kind dem zustimmt.
Mehr Ausnahmen möglich
Schliesslich will der Bundesrat das Adoptionsverfahren flexibler gestalten: Die zuständigen Behörden sollen einen grösseren Ermessensspielraum erhalten, um den Umständen des Einzelfalls gerecht werden zu können.
So soll etwa der Altersunterschied von 45 Jahren zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind in besonderen Fällen höher sein dürfen als 45 Jahre, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Auch beim Mindestaltersunterschied von 16 Jahren sollen Ausnahmen möglich sein.
Zum Wohl des Kindes
Im Zentrum müsse stets das Wohl des Kindes stehen, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga vor den Medien. Darum gehe es auch bei den geplanten Änderungen. Gegen den Willen der leiblichen Mutter oder des leiblichen Vaters sei eine Adoption indes auch in Zukunft nicht möglich.
Gemäss einer Umfrage aus dem Jahr 2010 befürwortet die Schweizer Bevölkerung eine Öffnung der Adoption für gleichgeschlechtliche Paare. Der Bundesrat hält im Bericht allerdings auch fest, in gewissen Teilen der Bevölkerung bestünden erhebliche Vorbehalte. So werde geltend gemacht, für die Erziehung des Kindes sei es wichtig, beide Geschlechter im nächsten Umfeld zu haben.
Dazu schreibt der Bundesrat, es sei in keiner Weise nachgewiesen, dass Kinder, die nicht bei Vater und Mutter aufwüchsen, dadurch in irgendeiner Weise negativ beeinflusst würden. Eine Untersuchung in Deutschland sei zum Schluss gekommen, dass sich Kinder und Jugendliche aus gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften kaum von Kindern und Jugendlichen unterschieden, die in anderen Familienformen aufgewachsen seien.