Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Dienstag, 15. April 2014 / 12:00 h
Man könnte stattdessen auch «fossile» Energie sagen, doch «glücklicherweise» kommt nicht alle fossile Energie, die wir hier brauchen, aus Russland. Doch der Fakt bleibt, dass gut 25% der in der EU verbrauchten Energie mit Gas gedeckt wird, was 2012 ca. 400 Millionen Tonnen Öl entsprach. Nicht fossile Energie deckte hingegen nur 24% des Energieverbrauchs ab, wobei sogenannte erneuerbare Energien nicht mal 10% ausmachten, Kernenergie hingegen immer noch über 14%.
Der Löwenanteil wurde dagegen immer noch vom Öl gedeckt (fast 35%) und die 16%, die da noch fehlen, mit Kohle. Und auch beim Öl mischt Russland fleissig mit.
Wenn nun bereits die Drohung, dass die Gasversorgung etwas eingeschränkt werden könnte, für Ausbrüche von Angstschweiss sorgt, wie viel panischer müssten wir denn eigentlich darauf reagieren, dass auch das Öl bald ausgehen dürfte, obwohl immer noch behauptet wird, die Vorräte würden nicht schrumpfen auch wenn der Verbrauch immer weiter steigt. Steigende Ölpreise machen es natürlich lohnender, auch dort Öl zu fördern, wo es bisher nicht wert war, Förderanlagen zu installieren aber am Ende ist die Frage, ob es 20 oder 40 Jahre sind, bis die Ölproduktion dramatisch einbrechen wird, ziemlich blöd: Unsere Kinder werden dann hoffentlich noch leben und dieses Leben auch bestreiten müssen. Wer nicht von einem uns unmittelbar erwartenden Weltuntergang ausgeht oder sich gerne an anderen Endzeitszenarien ergötzt, sollte also ein Interesse daran haben, unsere Energiezukunft nachhaltiger (oh ja, auch der Autor kann dieses Wort fast nicht mehr hören) zu gestalten.
Dazu wäre es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass die Welt ein endliches System ist, dessen Vorräte, sei es nun fossile Energie (auch wenn es dort ein paar Irre gibt, die was anderes behaupten), Metallerze oder andere Rohstoffe nur begrenzt verfügbar sind.
Russland sitzt an einem wesentlich grösseren Gashahn: Gasverteilanlage Eymatt. /


Die einzige Energiequelle ohne Limit, die wir haben, sind Sonne und Geothermie (zumindest bis zur Verwirklichung der Kernfusion, und auf die zu warten ist vielleicht nicht allzu clever).
Sogar Öl, Kohle und Gas sind, genau betrachtet, Sonnenenergie, die vor Jahrmillionen in Organismen gespeichert, durch geologische Abläufe vergraben und dann konzentriert worden sind. Auch Wasserkraft ist Sonnenenergie (über die Verdampfung im Meer). Allenfalls Gezeitenkraftwerke könnten noch als «Lunarenergie» bezeichnet werden.
Bei der berühmten «Energiewende» in Deutschland geht es ja vor allem um den Ersatz der Atomenergie durch erneuerbare Energie, doch dort ist die Hauptfrage gar nicht angesiedelt: Die Frage ist, wie wir die fossile Energie, die sowohl politisch, klimatechnisch als auch von der mittelfristigen Verfügbarkeit her eine grosse Frage darstellt, ersetzen können. Es geht um den Ersatz von mithin 90% der benötigten Energie.
Diese Frage harrt immer noch einer Antwort und bei jeder Energieversorgungskrise, mit der wir konfrontiert werden, wird fast nur mit Schulterzucken reagiert. Der Traum vom Markt als Regulator ist auch nicht wirklich realistisch, denn die dortigen Akteure wollen bis zum Letzten die Gewinne abschöpfen und keine Alternative zum eigenen Produkt kreieren oder gar den Bedarf danach reduzieren. Bliebe die Politik.
Und wie die reagiert sehen wir ja gerade jetzt: Fantasievolle Szenarien, wo man im Falle eines Falles Reserven her kriegen könnte (Szenarien, die praktisch jeder Realität entbehren, wenn man Energiefachleuten Glauben schenken kann) und kein Wort darüber, dass eine post-fossile Zukunft gestaltet werden müsste, um sich eben aus solchen Abhängigkeiten zu lösen und dass diese angegangen werden muss, solange die gegenwärtige «billige» Energie noch zur Verfügung steht.
Von dem her ist nicht anzunehmen, dass mit den gegenwärtigen Politikern (und den sie wählenden Stimmbürgern) endlich der längst fällige Umbau des Energiesektors angegangen wird. Denn das wäre nicht wirklich bequem. Aber vielleicht zwingt uns Herr Putin ja doch noch dazu - dann hätte das ganze ukrainische Chaos doch noch etwas Gutes gehabt. Man darf ja noch hoffen, oder?