Valentin Abgottspon / Quelle: news.ch / Donnerstag, 19. Juni 2014 / 11:25 h
Im Wallis hat eine breite Koalition aus Politik und Gesellschaft die «Kantonale Volksinitiative für die Trennung von Staat und Kirche im Wallis» lanciert. Die Medien haben grossteils angemessen und korrekt berichtet. Die SVP des französischsprachigen Wallis hat die Initiantinnen und Initianten aber bei Radio Television Romande in der von ihr bekannten taktvollen Art und Weise als «Taliban der Laizität, welche den Islamismus befördern wollen» bezeichnet. Bravo! Sie enttäuscht nicht, diese Partei! Sie wollte ja auch schon Kruzifixe in Schulzimmern obligatorisch machen und einer ihrer Exponenten will die Todesstrafe wieder einführen. «Scharia pfui, Katholizismus hui!» scheint die Devise. Beziehungsweise die Strategie. Man weiss ja eben nicht immer zweifelsfrei, ob es sich bei diesen Politikern um strategische Genies oder einfache Dummbeutel handelt. Können sie nicht weiter als bis zu ihrer Nasenspitze denken oder tun sie nur so, als ob sie das nicht können? Aus Populismusgründen...?
Ich halte einen solchen Anwurf tatsächlich für echt starken Toback. Man darf sich fragen, ob man auf solche Mätzchen und Provokationen immer wieder reagieren soll. Aber auch bei den Journalistinnen und Journalisten muss es immer wieder bedacht werden: Mag man solchen Polterern ein Forum bieten? Soll man abdrucken, dass da Flach- und Kurzdenker andere aufrechte Staatsbürger, welche ihre Grundrechte in Anspruch nehmen, als Taliban bezeichnen? Zweifellos: Verzichtete man auf die Verbreitung von Äusserungen der SVP-VR (valais romand), welche in schlechtem Stil sind und Grenzen des Anstands überschreiten, dann hörte man weitaus weniger von ihr. Es gibt sie halt häufig, die Polterer aus ihren Reihen. Teils müssen sie dann wegen homophoben Äusserungen zurücktreten (wie der Walliser SVP-Funktionär Jörg Meichtry), andere (wie Nationalrat Bortoluzzi) verbleiben firm im Sattel. Viele einigermassen vernünftige SVPler mögen da schreien «Das sind Einzelfälle! Wir sind halt sehr vielfältig!». Ich erwidere: Derart viele «Einzelfälle» sind halt ein Symptom.
Es gibt sie ja wirklich noch ganz vereinzelt: Die Anständigen in der SVP. Säkular und/oder sonstwie klar Denkende.
Die Freidenker- und Laizisten-Taliban bei ihrer Pressekonferenz. Grundrechts-Fanatiker und Menschenrechts-Fundamentalisten allesamt. /


Sie kommen mir aber je länger desto mehr vor wie Dunkelhäutige, welche dem Ku-Klux-Klan angehören. Man kann sich schon unter der Maske verstecken. Aber wohl ist es einem dann wohl nicht wirklich. Man muss sich innerlich doch zu sehr verleugnen und verdrehen.
Der Bischof wollte sich zuerst übrigens nicht zur Initiative äussern, denn er wolle «dem nicht ein Gewicht geben, das die Sache nicht habe». Er hatte auch schon bei der Gründung der Sektion Wallis der Freidenker abschätzig geurteilt und einen Kommentar verweigert. Er denkt tatsächlich, dass das Wallis immer noch vorwiegend aus katholischen Schäfchen besteht. Am Tag nach der Pressekonferenz hat der Bischof dann doch noch den Kirchenfunktionär Stefan Margelist vorgeschickt, um verlauten zu lassen, dass die Kirche «natürlich auch politisch tätig» sei, aber halt doch so viel Gutes tue, insbesondere im sozialen Bereich.
Wir Freidenkerinnen und Freidenker müssen es immer wieder äussern, bis es bei den Zuhörenden etwas ankommt: Staatliche Neutralität in religiösen Dingen ist keine Extremposition! Es sollte und wird einfach der Normalzustand sein. Es gibt keine Privilegierung irgendwelcher religiöser oder anderer weltanschaulicher Gruppierungen. Denn jede Bevorzugung der einen Gruppe (finanzieller oder institutioneller Art...) stellt eine Diskriminierung aller anderen Gruppen dar. Es soll niemand bevorteilt werden und niemand benachteiligt. Gleich lange Spiesse für alle gesellschaftlichen Mitspieler.
Und um eines klar zu stellen (aber das hören die meisten Politiker der CVP, SVP, der Bischof und andere Denkfaule freilich nicht gerne...): Die Antwort auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, welche unser Zusammenleben betreffen, wie wir mit Religiosität, mit nicht-religiösen Weltanschauungen, religiös unterlegtem Fundamentalismus, Menschenrechtsverletzungen, der (allzu oft religiös begründeten) Benachteiligung der Frau, Fragen von Bildung und Erziehung versus Indoktrination unserer Kinder und Jugendlichen... Die Antwort auf diese Herausforderungen wird und kann nicht sein, dass wir in unserem Staatswesen und in unserer Gesellschaft das Christentum wieder erstarken lassen. Die Antwort lautet nämlich: Wir brauchen eine säkulare Gesellschaft, welche private Religiosität zulässt, aber keiner religiösen Gruppierung die Verletzung universaler Menschenrechte durchgehen lässt. Das ist mitnichten ein christliches Anliegen. Das ist ein menschliches, ein humanistisches, ein freidenkerisches Anliegen!