Virtueller Input löst neben dem realen Leben Reaktionen in Menschen aus. Dafür müssen nicht einmal Bilder oder Videos vorliegen. Literatur kann bei sensiblen Personen oft auch schon zum Trigger mutieren. «Ein Buch kann auslösen, was latent als Reaktionsbereitschaft vorliegt: So auch Goethes Leiden des jungen Werther, das zum Beispiel eine Suizidwelle ausgelöst hat», erklärt Sozialpsychologe Wolf-Dieter Zuzan gegenüber pressetext.
Mediziner steuern von aussen
Was Gamer-Herzen höher schlagen lässt und in den neuesten Spielen dazu verwendet wird, Umgebungen für Spielende so real wie möglich wirken zu lassen, findet auch in den Laboren Platz. Hochentwickelte Technologien, die einen virtuellen Raum so lebensecht wie möglich erscheinen lassen, werden in der Zukunft auch in der Kriminalforschung verwendet.
Experten sind sich sicher, dass unzählige wissenschaftliche Theorien genauer erforscht werden könnten, wenn man sich den virtuellen Raum zunutze macht. Neue Untersuchungsmethoden finden zum Beispiel in einem mit sechs grossen Displays ausgestatteten Raum statt, der ein lebensechtes Erlebnis für den in der Mitte sitzenden Patienten generieren kann.
Die absolute Einfügung des «kriminellen Patienten» in eine Umgebung oder Situation, die Mediziner von ausserhalb steuern, erzeugt eine perfekte virtuelle Realität. Sexualtäter reagieren dann im Idealfall so, wie sie es auch in der realen Welt tun würden.
Reaktionen wie im «richtigen» Leben. /


Komplexe Umgebungen und verschiedene Stimuli verfeinern Untersuchungsmethoden besonders effektiv.
Visueller sowie auditiver Input
Erste Schritte in Richtung virtueller Untersuchungsumgebungen wurden bereits vor einigen Jahren gemacht. Bemerkenswert ist die 2006 in Montreal entwickelte Methode «Plethysmography». Bislang war dieses Untersuchungsprogramm eine der wenigen Möglichkeiten, Präferenzen von Sexualstraftätern zu analysieren und zu erkennen. Die Plethysmography funktioniert mit Hilfe eines hochsensiblen Ringes, der um das Geschlechtsteil des zu untersuchenden Mannes gelegt wird.
Der Straftäter wird anschliessend visuellem oder auch auditivem Input ausgesetzt. Der Ring zeichnet Veränderungen des Penisumfangs auf. Aus diesen Messdaten im Kontext mit dem Input können dann Präferenzen festgelegt werden. Ein mehrdimensionales Erlebnis des Inputs war zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht wirklich realgetreu möglich. Das Fehlerpotenzial war bislang hoch.