Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Dienstag, 18. November 2014 / 15:56 h
Fakten sind. Man kann sie interpretieren, aber nicht in sich abändern. Man kann über die Konsequenzen, die sich aus den Fakten ergeben, durchaus streiten. Aber die Fakten selbst bleiben. Fakten sind, was der Fall ist. Und die beste Methode, festzustellen, was der Fall ist, ist die Wissenschaft - in vielen Fällen sogar die einzige.
Funktionierende Wissenschaft ist ein offenes System, dass alle seine Erkenntnisse und die Wege dazu offenlegen muss, so dass diese überprüft und die Versuche auch wiederholt werden können. Funktioniert ein Experiment sowohl in New York, in Bern und in Neu Dehli, durchgeführt von verschiedenen Forscherteams, kann davon ausgegangen werden, dass man einen Fakt gefunden hat. Wirkt hingegen ein Mittel nur in einer Studie, aber in allen Teststudien nicht, kann man davon ausgehen, dass der ursprüngliche Test nicht richtig durchgeführt oder gar gefälscht worden und das neue Wundermittel Schrott ist. (Problematisch ist es, wenn Studienresultate verfälscht oder geheim gehalten werden. Desaster wie mit dem Medikament Vioxx sind die Folge und ein Verlust der Glaubhaftigkeit des wissenschaftlichen Prozesses, obwohl dieser in solchen Fällen bewusst verfälscht wird.)
So lassen sich manche Systeme ziemlich klar be- oder widerlegen, ganz egal, ob sie populär sind, oder nicht: Homöopathie funktioniert nicht. Impfungen funktionieren. Auch wenn das manche nicht mögen, weil sie sich gerne was einbilden. Vitamintabletten und Nahrungsmittelzusätze? Praktisch immer nutzlos - dafür ist der Urin schön dunkel. Gentechnische Organismen? Nahrungsmitteltechnisch unbedenklich und für den Konsumenten ungefährlich. Ganz egal, was verzapft wird.
Verhinderter Golden Rice: Blinde Kinder, aber wenigstens politisch korrekt. /


Alle Kulturpflanzen sind «gentechnisch» durch das Kombinieren von neuem Genmaterial entstanden. (Die andere Frage ist, wie sinnvoll manche dieser Pflanzen sind - vor allem die kommerziell vermarkteten - da Eigenschaften wie Pestizid-Resistenzen bereits jetzt durch die Evolution der Schadinsekten ausgehebelt werden). Und wenn wir grad bei der Evolution sind: Wissenschaftlich und multidisziplinär jenseits jeder Zweifel bewiesen.
Und wenn die Klimaerwärmung durch den CO2-Ausstoss von Industrie und Verkehr immer noch bestritten wird, während 2014 vermutlich das wärmste Jahr seit der Aufzeichnung der Temperaturen weltweit werden wird, finden sich die Klima-, Impf-, Evolutions- und Pharma-«Skeptiker» alle im gleichen Boot wieder. Und sie können Erfolge feiern. Und dereinst auf den Gräbern der Opfer ihres Wahnsinns tanzen.
Wenn der «Golden Rice», ein open-source Gentech-Reis, der Vitamin A an Millionen Menschen in der dritten Welt liefern könnte, von Greenpeace mit einer Schmierenkampagne verhindert wird, so sorgen diese Leute «politisch korrekt» für das Erblinden von Tausenden Kindern. Und damit diese Kinder auch in Zukunft ganz sicher keine Chance haben werden, wurde Anne Glover, die wissenschaftliche Chefberaterin der EU-Kommision, mit viel Lobby-Arbeit von Greenpeace weg gemobbt und Jean-Claude Juncker hat ihren Posten nicht mehr besetzt. Denn in der Politik zählen Meinungen, nicht Tatsachen. Dass es Juncker war, der dies machte, sollte durchaus einen Hinweis geben, dass
dies ohne ideologische Scheuklappen ging dies ganz unabhängig von der Art der montierten ideologischen Scheuklappen ging, denn auch bei konservativen Politikern ist Wissenschaft unbeliebt.
Denn Ideologien und Wissenschaft - so sie denn unabhängig, quasi im viel verschrieenen Elfenbeinturm betrieben werden - vertragen sich nicht gut. Pseudowissenschaft und Ideologien dafür um vieles besser. Wenn hier jetzt Impfkritiker behaupten, dass Ebola nur eine Erfindung der Pharmalobby sei und die Opfer in Afrika, nichts als «Betrunkene, die sich in die Hosen gemacht haben», so sind diese Demagogen nicht nur abstossend und menschenverachtend, sondern sie betreiben einen Kampf gegen die Realität und jene, welche diese zum besseren drehen wollen, um ihre eigene Pseudowissenschaft, die wahnhafte Züge hat, zu propagieren. Wenn vor einigen Jahren der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki aus politisch-ideologischen Gründen behauptete, dass AIDS gar keine Viruserkrankung sei und am besten mit Rote Beete und Knoblauch behandelt wird und dies als offizielle Gesundheitpolitik durchsetzte, tötete er damit vermutlich Hunderte, wenn nicht Tausende seiner Bürger und machte viele Kinder zu Waisen, obwohl die Tatsachen längst bekannt waren. Wenn Politiker immer noch behaupten, dass Klimaerwärmung nur «eine Theorie» sei (das ist übrigens das Maximum, dass es in der Wissenschaft gibt) und die Milliarden an Daten, die es dazu gibt, ignorieren, dann pflegen sie damit vor allem das Ego vieler Stimmbürger, die in nachhaltigem Verhalten vor allem etwas sehen, dass jene, die ohnehin nichts haben, praktizieren sollten. Es wäre von dem her auch interessant, die durchschnittliche Wohnfläche und Fahrzeuggattung zum Beispiel von Ecopop-Befürworten zu sehen.
Wird dann noch daran gearbeitet, dass gewisse fortschrittliche Techniken in der dritten Welt verhindert werden und gleichzeitig der Anspruch gestellt, dass die Menschen dort unsere Probleme lösen sollen, während wir hier fröhlich deren Rohstoffe verbraten, sind wir endgültig in einer Art High-Tech-Kolonialismus angelangt.
Denn der Massstab für das, was gemacht wird, ist derselbe wie damals: Wenn wir das Gefühl haben, dass es uns nutze, soll's gemacht werden und wenn wir nicht daran glauben, stimmt's nicht. Dabei sollten wir es besser wissen und nach Fakten suchen. Denn Fakten sind einfach. Aber nicht ideologisch.