Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Dienstag, 10. März 2015 / 15:25 h
Florida ist ein hübscher - manche würden sogar sagen - schöner US-Staat. Hunderte Kilometer Sandstrände sowohl am Atlantik als auch am Golf von Mexiko, Palmen, tropische Pflanzen, Korallenriffe und natürlich eines der grössten Sumpfgebiete der Welt, die Everglades. Der höchste Punkt auf der Halbinsel von Florida ist mit 95 Metern Höhe der Sugarloaf-Mountain in der Nähe von Orlando. Für hiesige Verhältnisse also eher eine Geländewelle als ein Berg. Doch ein grosser Teil von Florida liegt unter 10 m über dem Meeresspiegel - bedenkt man dies, sieht ein 95-Meter-Hügel schnell einmal wie ein Berg aus.
Nun bringt die geographische Lage von Florida nicht nur angenehme subtropische bis tropische Temperaturen mit sich, sondern ebenso subtropische und tropische meteorologische Gefahren wie Tropenstürme und Hurrikane und die damit einhergehenden Überflutungen. Zudem ist Florida durch steigende Meeresspiegel aufgrund der Erwärmung des Klimas besonders gefährdet - etwas, das in Kombination mit im stärkeren Hurrikane für die dicht besiedelten Küstenregionen des Sonnenstaates besonders verheerende Folgen haben könnte.
Also - wie geht die Regierung dieses Staates mit dieser potentiell existentiellen Bedrohung um? Werden die Bürger aufgeklärt, werden die Zonenpläne geändert und Schutzwälle gegen Flutwellen errichtet? Wird die gefährdete Zukunft des Staates thematisiert? Nein, nicht wirklich. Stattdessen wurde den Angestellten der Umweltschutzbehörde im Jahr 2011 verboten, die Ausdrücke «Globale Erwärmung» und «Klimawandel» zu verwenden.
Hurrikane vor Florida: Werden nicht gefährlicher, da es ja keine Folgen einer nicht existierenden Klimaerwärmung gibt... /


Diese Ausdrücke fielen zusammen mit dem Begriff «Ansteigende Meeresspiegel» in Ungnade, nachdem der republikanische Gouverneur Rick Scott gewählt worden und dieser einen neuen Chef der Umweltschutzbehörde eingesetzt hatte. Und wenn das Wasser doch ansteigen sollte, wurde der Ausdruck «lästige Überschwemmung» (nuisance flooding) vorgeschrieben.
Scott, der 2010 noch sagte, er glaub nicht an den Klimawandel druckt sich unterdessen um die Angelegenheit herum indem er sich herausredet, nichts dazu sagen zu können, weil er «kein Wissenschaftler» sei. Im Angesicht einer Welt, die fast völlig auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht, dürfte Scott eigentlich auch zu allem anderen nichts mehr sagen. Was natürlich nicht der Fall ist - immerhin ist er ja Politiker...
Zwar behaupten die Sprecher der Regierung von Florida, es gäbe keine solche Sprachregelung, doch mehrere ehemalige Mitarbeiter betonen, dass dies eine klare Anweisung gewesen sei. Ebenso fällt auch auf, dass diese besagten Begriffe aus Berichten, Vorträgen und Reporten der Umweltschutzbehörde Floridas verschwunden sind.
Völlig absurd wird diese Weisung im Alltagsgeschäft der Umweltschutzbehörde, wo zum Beispiel bei Programmen zum Schutz der Korallenriffen in den Präsentationen für freiwillige Helfer die in diesem Bereich sehr wichtigen Themen Klimawandel und steigende Meeresspiegel nicht erwähnt werden durften.
Obwohl: steigende Meeresspiegel dürfen seit dem letzten Februar wieder genannt werden - der Gouverneur selbst tat dies in einer Presse-Konferenz, wo er ein Projekt vorstellte, bei dem unter anderem Strände, die unter dem steigenden Wasserspiegel litten, neu aufgeschüttet und auf den Florida Keys eine Kläranlage errichtet werden sollen.
Doch tatsächliche Planungen zum Schutz von Häusern, Strassen und der Infrastruktur des Staates gibt es nicht, da das Problem offiziell nicht existiert. Sich auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten, wenn nicht darüber gesprochen werden darf, dürfte, gelinde gesagt, schwierig sein.
Doch wer braucht schon Realität, wenn ausreichend Ideologie vorhanden ist? In diesem Sinne ist Florida in bester Gesellschaft mit anderen Regierungen auf dieser Welt, welche statt der Realität - und beileibe nicht nur, wenn es um den Klimawandel geht - lieber ideologische Leitlinien, religiöse Phantasmen oder die mentalen Störungen ihrer geliebten Führer als Kompass für die politische Gangrichtung nehmen. Wobei niemand vor dem Ideologie-Wahn sicher ist, wie das ja das gegenwärtige Abenteuer Europas mit den Folgen des beherzt verinnerlichten Neo-Liberalismus eindrücklich demonstriert.
Von dem her: Florida anschauen, Augen verdrehen und dann gut in den Spiegel schauen. Und kein Strandhaus in Florida kaufen. Einfach zur Sicherheit.