2003 stellte sich die Frage: Hat Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen oder nicht? Um diese Frage zu beantworten, wurden damals unzählige Informationen von Satellitenbildern, Spionen oder Überläufern ausgewertet. Die Verantwortlichen mussten sich anhand der Faktenlage für die wahrscheinlichste Variante entscheiden. Die Hypothese, dass Hussein Massenvernichtungswaffen lagerte, schien dabei die plausibelste und führte zur Invasion.
Genau hier setzen die Osloer Forscher an. Das mathematische Modell von Audun Jösang soll die bisherige Entscheidungsfindung durch subjektive Logik ersetzen. Jede Information hat einen bestimmten Grad von Unsicherheit, die bei der Sondierung der Faktenlage berücksichtigt werden muss, meint Jösang. Bei derzeitigen Modellen wird jedes Indiz mit einer spezifischen Wahrscheinlichkeit gewichtet.
Laut Jösang sind die bisherigen Ansätze - wie unter anderem der Fall des zweiten Irak-Krieges zeigt - nicht länger ausreichend. Der Experte gibt zu bedenken, dass für eine korrekte Analyse eine Schätzung der Unsicherheit von Wahrscheinlichkeiten unabdingbar ist.
Ein neues mathematisches Modell der University of Oslo soll Fehlurteile von Geheimdiensten in Zukunft verhindern. /


«Die meisten Menschen können nicht verstehen, dass eine Wahrscheinlichkeit selbst noch eine Unsicherheit in sich trägt.»
U.S. Army unterstützt Vorhaben
Zwei Beispiele sollen das Problem verdeutlichen: Beim Werfen einer Münze ist die Wahrscheinlichkeit, eines der beiden Ereignisse zu erzielen, 50 Prozent. Falls keine Manipulationen an der Münze auftreten, beträgt die Sicherheit der Wahrscheinlichkeit 100 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass Oswald 1963 Kennedy ermordete, kann auch mit 50 Prozent angegeben werden, jedoch ist dieser Wert mit einer hohen Unsicherheit behaftet.
Obwohl also die Wahrscheinlichkeit mit 50 Prozent beziffert wird, gibt es eine grosse Unsicherheit darüber, ob die Schätzung der Wahrscheinlichkeit vielleicht völlig falsch ist. Die Geheimdiensten haben indes Interesse bekundet. Die U.S. Army unterstützt das Projekt mit immerhin umgerechnet fast 250.000 Euro. Sie will feststellen, wie die subjektive Logik in die Analysen von Informationen langfristig implementiert werden kann und welchen Nutzen sie hat.