Auf der Terrasse seines schlichten Teamhotels in Sisteron setzte Chris Froome seinen Kampf gegen die grosse Schar an Zweiflern mit kompetenter Unterstützung fort. Der Spitzenreiter der 102. Tour de France hatte seinen Trainer und Leistungsanalytiker Tim Kerrison am zweiten Ruhetag im Schlepptau - und ging mit zahlreichen Leistungsdaten sogleich zum Gegenangriff über. Bei der «Audienz» mit fast 100 Journalisten beim Team Sky waren nicht etwa die schwächelnden Rivalen oder die anstehenden Bergriesen in den Alpen das Thema. Es ging um Watt-Zahlen, Trittfrequenzen, Herzschlag - und vieles mehr.
«Ich weiss nicht, ob Zahlen alles reparieren können, aber wir versuchen, so offen und transparent wie nur möglich zu sein», sagte Froome und ergänzte: «Bei den letzten fünf Tour-Siegern gab es nicht diesen Aufschrei, auch nicht bei Alberto Contador. Ich verstehe nicht, warum das so ein grosses Thema ist. Ich habe in den Pyrenäen mit 59 Sekunden Vorsprung auf Quintana gewonnen. Das Ganze ist doch sehr verrückt.»
Und so präsentierte der Australier Kerrison Zahlen, die doch sehr abweichend zu den vom französischen Fernsehen publizierten Leistungsdaten waren.
Christopher Froome und David Brailsford vom Team Sky an der heutigen Medienkonferenz. /


Froome habe bei seinem Sieg am 15,3 km langen Schlussanstieg in La Pierre-Saint-Martin eine durchschnittliche Leistung von 5,78 Watt pro Kilogramm Körpergewicht erbracht. Der Pariser Sportphysiologe Pierre Sallet hatte in der TV-Sendung «Stade 2» Werte von 7,04 W/kg bei dem 30-Jährigen errechnet und damit Parallelen zu den des Dopings überführten Lance Armstrong und Jan Ullrich gezogen. Sallet war bei seiner Analyse von einem Körpergewicht Froomes von 71 Kilogramm ausgegangen, laut Kerrison bringe der 1,86 m grosse Brite aber nur 67,5 kg auf die Waage.
«Es gibt nichts Aussergewöhnliches. Die Daten bewegen sich im Rahmen der letzten vier Jahre», sagte Kerrison, der auch weitere Daten wie Herz- und Trittfrequenz zur Schau stellte. Teamchef Dave Brailsford hofft, dass durch die Veröffentlichung die Zweifel zerstreut werden. «Was das französische Fernsehen gemacht hat, war richtig schlecht. Wir wollten Fakten schaffen.» Zu den Fakten gehört auch, dass Froome bei seinem Sieg eine maximale Herzfrequenz von 174 Schlägen pro Minute hatte, was für ihn im Vergleich zu früheren Rundfahrten absolut normal sei. Auch eine durchschnittliche Trittfrequenz von 97 Umdrehungen pro Minute am Berg sei laut Brailsford für den Briten nicht ungewöhnlich.
Unterstützung erhielt Froome vom früheren Toursieger Greg LeMond. Die Werte seien «begründbar» und nicht vergleichbar mit der EPO-Ära zu Zeiten von Armstrong. Es sei auch falsch, alles auf einen Anstieg zu reduzieren, meinte der Amerikaner.