Widmer-Schlumpf, die während ihrer Amtszeit oft von ihrer ehemaligen Partei SVP kritisiert wurde, bedankte sich für das Vertrauen. In ihrer Abschiedsrede sprach sie über den Sinn der Teilung von Macht. Die Bundesverfassung lege fest, welche Kompetenzen das Volk, das Parlament, die Regierung und die Justiz hätten.
Für alle seien Grenzen festgelegt, betonte Widmer-Schlumpf. Diese Grenzen seien als Schutz gegen Willkür gedacht und verhinderten, dass das Spiel mit Ängsten der Bevölkerung einschneidende Konsequenzen habe für das Land. «Das Einhalten der Grenzen, das Respektieren der Kompetenzen und der Verantwortung der jeweils anderen Gewalt hat unser Land starkgemacht», sagte Widmer-Schlumpf.
Der Weg der Schweiz bestehe darin, einander zuzuhören, andere Meinungen und Minderheiten zu respektieren und Kompromisse zu suchen. All dies dürfe nicht kurzfristigen politischen Einzelinteressen geopfert werden. Die vereinigte Bundesversammlung belohnte Widmer-Schlumpfs Ansprache mit viel Applaus.
Zuvor hatte Nationalratspräsidentin Christa Markwalder (FDP/BE) die abtretende Magistratin verabschiedet. Sie würdigte deren Beharrlichkeit und Dossierfestigkeit und auch deren feinen, trockenen Humor. Anschliessend wurde die ebenfalls abtretende Bundeskanzlerin Corina Casanova verabschiedet.
Mehrere Wahlgänge
Als nächstes folgt die mit Spannung erwartete Wahl der Bundesratsmitglieder. Für die Nachfolge von Widmer-Schlumpf stellte die SVP drei offizielle Kandidaten auf: Den Waadtländer Guy Parmelin, den Zuger Thomas Aeschi und den Tessiner Norman Gobbi.
Nach der «Nacht der langen Messer» hielten CVP und FDP am Mittwochmorgen an ihrer Strategie fest: Sie wollen einen Kandidaten vom Dreierticket wählen. Nach ihren Fraktionssitzungen am Mittwochmorgen gaben beide Fraktionen bekannt, es habe gegenüber dem Vortag nichts geändert.
Es habe keine Änderung gegenüber Dienstagabend gegeben, sagte CVP-Präsident Christophe Darbellay. Die CVP gebe keine Empfehlung für einen der drei Kandidaten ab.
Stimmfreigabe hat auch die FDP beschlossen.
Eveline Widmer-Schlumpf ist heute als als Bundesrätin abgetreten. /


Es habe sich nichts mehr geändert seit Dienstag, sagte FDP-Nationalrat Fathi Derder (VD).
Die SP wollte sich am Mittwochmorgen nicht in die Karten blicken lassen. Fraktionschef Roger Nordmann sagte nicht einmal, ob entschieden worden sei, wen die SP wählen werde. Das werde man dann bei der Wahl sehen
Zuerst erfolgt zunächst die Wahl jener Bundesratsmitglieder, die sich zur Wiederwahl stellen. Die Vereinigte Bundesversammlung wählt die Bundesrätinnen und Bundesräte in der Reihenfolge des Amtsalters. Zuerst wird also Bundesrätin Doris Leuthard gewählt, zuletzt Bundesrat Alain Berset. Mit der Abwahl eines amtierenden Bundesratsmitglieds ist nicht zu rechnen.
Danach wird der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Bundesrätin Widmer-Schlumpf gewählt. In den beiden ersten Wahlgängen können alle wählbaren Personen gewählt werden. Ab dem dritten Wahlgang sind keine weiteren Kandidaturen mehr zulässig.
Ab dem zweiten Wahlgang scheidet aus, wer weniger als zehn Stimmen erhält. Und ab dem dritten Wahlgang scheidet jener oder jene mit der geringsten Stimmenzahl aus. Das Prozedere dauert so lange, bis ein Kandidat das absolute Mehr erreicht.
Annahme der Wahl
Unmittelbar nach der Wahl erklärt der Gewählte, ob er die Wahl annimmt oder nicht. Anschliessend wird er im Salon du Président von den übrigen Bundesratsmitgliedern empfangen.
Im Nationalratssaal gehen die Wahlen währenddessen weiter: Die Vereinigte Bundesversammlung hat noch einen neuen Bundeskanzler zu wählen. Einziger Kandidat ist Walter Thurnherr von der CVP. Anschliessend wird das Bundespräsidium besetzt. Bundespräsident soll Johann Schneider-Ammann werden, Vizepräsidentin Doris Leuthard.