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Der Politologe schützt das VolkAbstimmungen und Wahlen werden in der Schweiz immer skuriler. Die Demokratie wird in Kategorien gemessen, die nichts mit Politik, dafür alles mit Ideologie zu tun haben. «Es geht um einen Machtkampf zwischen Parlament und dem Volk» verbreitet Politgeograf Hermann auf allen Netzwerken.Regula Stämpfli / Quelle: news.ch / Mittwoch, 20. Januar 2016 / 13:50 h
Das ist aber süss. Kann man das essen? «Das» Parlament meine ich. Und: Wo tritt «das» Volk auf? Ich wäre sooo gerne dabei, wenn es sich mit Hellebarden und wüstem Geschrei gegen «das» Parlament wehrt. Wäre ich Cartoonistin, ich würde «das» Parlament ganz böse zeichnen und «das» Volk ganz niedlich. «Jaaaaa» ist der Schlachtruf. Gegen Parlament und Regierung! Gegen die Bundesverfassung! Auf, Du gutes Volk! Wehr Dich! Gegen Grund- und Menschenrechte! Gegen Feministinnen! Gegen Grüne! Gegen all dies moderne Zeugs! Gegen alle, die nicht «das Volk» sind! Jaaaaaa, «das» Volk hat gesprochen!
Glücklicherweise kann «das» Volk, das Hermann mobilisieren will, ziemlich schlecht lesen und noch schlechter schreiben, so dass mancher Stimmzettel gar nicht erst ausgefüllt wird. Doch leider wird der Stimmzettel bei Vorlagen über «Ausländer» - auch so eine Kategorie - viel zu oft von Leuten wie Michael Hermann ausgefüllt, die bei Smartevote selbst Göring links von «der Mitte» sähen....
So stürmt das Volk das Parlament oder wie sich Michael Hermann die Demokratie vorstellt. /
Kategorien wie «das Parlament», «das Volk», «Freund und Feind», «gute Ware - schlechte Ware» sind in einem demokratischen System mit Bundesverfassung, Föderalismus und direkter Demokratie echt schräg. Was heisst hier schräg? Lassen Sie mich mit einer Anekdote antworten: An der Agrarmesse in Berlin wurde der erste hornlose Zuchtstier vorgestellt. Die Frage war: Wieviel Substanz steckt eigentlich noch in einem Stier, wenn er seine Hörner nicht mehr abstösst, sondern schon vor seiner Geburt verloren hat? Wieviel Horn macht den Stier, wieviel Demokratieverständnis den Politologen aus? Doch «der» Politologe ist nicht ganz allein verantwortlich für die populistische Misere, die öffentlich-rechtlich zu häufig finanziert wird. Die meisten Journis lieben «das» Volk ebenso sehr wie sie es ständig erfinden.Wenn wir schon bei «Erfindungen» sind: Die neuste Medien-Schöpfung lautet «Nordafrikaner.» Ein Brand, der sich momentan bestens verkauft. Unter Typen, die sich nur dadurch auszeichnen, dass sie nicht der von ihnen erfundenen Kategorie «Nordafrikaner» zugehören. Wie gesagt: Wenn es nicht so traurig wäre, könnten wir herzlich darüber lachen. «Es geht um einen Machtkampf zwischen Parlament und Volk» entlarvt sowohl auf Seiten des Experten als auch auf Seiten des Interviewenden nicht nur eine antiparlamentarische Parolenkackerei, sondern vor allem eine antidemokratische. Die «Diktatur des Proletariates» reicht so dem «Führer schützt das Recht» die Hand und nimmt Blochers «Das Volk hat immer recht» auf dem politologischen Hermannsweg grad mit. Deshalb: #EntfolgtEuch P.S.: Ein spezieller Dank der Autorin geht an Christine Loriol, die sie auf das Thema aufmerksam gemacht hat. Links zum Artikel:
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