Für die Branche steht bei der laut Experten bisher grössten Pleite eines Autohersteller viel auf dem Spiel: US-Präsident Barack Obama wagt mit dem Versprechen einer «Blitz-Insolvenz» in 30 bis 60 Tagen einen Ritt auf der Rasierklinge. Solche Verfahren dauern sonst viele Monate oder gar Jahre, wenn sie überhaupt gelingen.
«Kann Obama das schaffen?», fragten am Tag eins der Insolvenz US-Kommentatoren. «Wenn einer, dann er», meinte so mancher. Auch der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hält den raschen Neustart mit Fiat für möglich. Für viele US-Juristen steht nur fest: Im Angesicht eines Insolvenzrichters sei nichts sicher, nur dass es länger dauert als gedacht.
Mit besonderem Interesse müssen GM und Opel das Gezerre vor dem New Yorker Insolvenzgericht verfolgen. Exakt zum Halbzeitpfiff von Obamas 60-Tage-Höchstfrist für das Verfahren will der Präsident auch seine Entscheidung zur Zukunft des grössten US-Herstellers fällen. Bis Ende Mai muss GM seinen Sanierungsplan vorlegen. Das Abschneiden des kleinsten US-Anbieters Chrysler in der Insolvenz könnte auch massgeblich für die Zukunft von GM sein, meinen Experten.
Warnschuss an GM-Gläubiger
Obamas Strategie ist vor allem ein Warnschuss an die GM-Gläubiger. Bei Chrysler verweigerten sture Hedge-Fonds den Kompromiss. Obama war sichtlich sauer, gab aber nicht nach und will sich über die Insolvenz durchsetzen. Auch bei GM fordern die Kreditgeber mehr als die bisher angebotenen zehn Prozent am neuen Konzern. Den Rest sollen Regierung und Autogewerkschaft bekommen.
Im Fall GM warnen Experten vor einem weit dickeren juristischen Gestrüpp als bei Chrysler.
Obama wagt mit dem Versprechen einer «Blitz-Insolvenz» in 30 bis 60 Tagen einen Ritt auf der Rasierklinge. /


So dürfte ein Schnellverkauf von GM an die neue Eigentümer, wie bei Chrysler geplant, schon wegen der deutschen Tochter Opel weit schwieriger werden: Die Gläubiger könnten hier zusätzlich Geld wittern und alles in die Länge ziehen.
Kann Fiat-Boss Marchionne unterdessen bei Chrysler schaffen, woran Daimler in neunjähriger Ehe mit dem Autobauer scheiterte? Ja, meint Dudenhöffer. Die neue Allianz sei für beide Seiten von Nutzen. «Fiat und Chrysler sind auf Augenhöhe.» Für Marchionne spricht dabei seine Bilanz: Der in Italien als «Super-Manager» betitelte Chef holte Fiat vom Rande des Abgrunds zumindest wieder auf die Strasse zurück.
An seidenem Faden
Marchionnes weitere Expansionspläne hängen am seidenen Faden von Chryslers Insolvenzverfahren. Ist es erfolgreich, will er sich auch Opel schnappen. Überleben könnten nur Hersteller mit einer Produktion von sechs Millionen Autos pro Jahr, betont er stets. Mit Chrysler sind es erst gut vier Millionen Stück.
«Jetzt müssen wir uns auf Opel konzentrieren. Sie sind unser idealer Partner», sagte Marchionne der italienischen Zeitung «La Stampa» am Freitag. Dudenhöffer warnt, Fiat habe es vor allem auf Staatshilfen abgesehen. Die Bundesregierung müsse sorgfältig prüfen, ob Fiat nicht übertriebene Zusagen mache, um Opel zu bekommen.
Anders als im Fall Chrysler trifft Marchionne bei Opel auf mehrere Interessenten. Da ist vor allem der kanadisch-österreichische Autospezialist Magna, der sich mit russischen Partnern gegen die Italiener verbünden könnte. Diese Variante sei für Opel eine tragfähigere Lösung als Fiat, urteilt Dudenhöffer. Und eine bessere Position für den Zukunftsmarkt Russland.