Die Internetplattform swissinfo ist im Besitz einer Kopie des Schreibens und hat diese veröffentlicht. Es handelt sich um ein Antwortschreiben von Angel Gurria auf einen Brief, den er am 28. April von Finanzminister Hans-Rudolf Merz erhalten hatte.
Der Generalsekretär der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schlägt darin einen herzlichen Ton an. Er schlägt vor, das Kriegsbeil zu begraben: «Ich bin gerne bereit der Schweiz zu helfen, aber bitte töten Sie nicht den Boten, ich bin Teil der Lösung, nicht des Problems.»
Periodische Umfragen zu den Mitgliedsländern
In dem Schreiben kommt Gurria im Detail auf die technischen und politischen Fragen zu sprechen, die Hans-Rudolf Merz der OECD gestellt hatte. Weshalb die Schweiz als OECD-Mitglied nicht im Voraus darüber informiert worden sei, dass sie auf der Liste mit sogenannten Steueroasen figuriere?
Gurria schreibt dazu, dass die OECD periodisch Umfragen über ihre Mitgliedsstaaten publiziere, ohne jeweils im Voraus das offizielle Einverständnis der betroffenen Länder einzuholen.



Bundespräsident Hans-Rudolf Merz habe das Bankgeheimnis zu spät gelockert. /

OECD schätzt Schweizer Kehrtwende
Die OECD schätze die Absicht der Schweiz, Informationen über die Besteuerung auszutauschen. Aber die Eidgenossenschaft habe schon im letzten Jahr gewusst, dass die Toleranz der internationalen Gemeinschaft gegenüber Steuerflucht kleiner geworden sei.
Auch wenn die Schweiz angekündigt habe, ihr Bankgeheimnis aufzuweichen, so habe sie dies erst wenige Tage vor dem G-20-Gipfel getan,- zu spät, um es noch rechtzeitig umsetzen zu können.
«Wieso waren Grossbritannien und die USA nicht auf der Liste?»
Merz hatte in seinem Brief auch die Frage gestellt, wieso gewisse G-20-Länder, namentlich die USA und Grossbritannien, nicht auf der Liste seien. Gurria antwortet, Grossbritannien habe seine Finanzgerichtsbarkeiten angewiesen, die internationalen Standards innert kürzester Frist anzuwenden.
Und der amerikanische Kongress ziehe Sanktionen gegen jene Territorien in Betracht, die sich nicht an die internationalen Abmachungen hielten.