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Der Kampf ums ewige Leben.von Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Donnerstag, 28. Mai 2009 / 10:59 h
Um dem Tod zu entgehen machen Menschen die verrücktesten Dinge. Der erste Kaiser von China, Qin Shihuangdi, schickte gegen Ende seiner Tage Expeditionen aus, um ein Elixier für das ewige Leben zu finden. Zudem vergifteten ihn seine Ärzte mit Quecksilber, im Glauben, sein Altern damit aufzuhalten. Als er dann schliesslich doch noch starb, wurde er in einer riesigen Mausoleumsanlage mit einer über 7000-Köpfigen Tonarmee, Kampfwagen und Tonpferden, aber auch mit Konkubinen und Zivilbeamten, deren Leben mit dem ihres Kaisers beendet wurde, bestattet. Doch tot war er trotzdem.
Wir hingegen haben die Krankenkassen und den Prämienschock. Die Diskussionen bewegen sich dabei im Kreis und gewisse Dinge scheinen immer noch ein Tabu zu sein, wie der CVP-Präsident Christophe Darbellay erfahren musste: Als er und seine Partei eine Rationierung lebensverlängernder Massnahmen bei Sterbenden und Todkranken andachte, brach ein Sturm der Empörung los und das Papier wurde erst mal zur Seite gelegt.
Das darf einen wundern, da gerade die Prognosen für die Krankenkassen-Prämien des nächsten Jahres publiziert wurden: Maximal könnten Aufschläge von 20% und mehr anstehen, im Durchschnitt wird mit einer Erhöhung von knapp 15% gerechnet. Der Schock sitzt tief, alle rennen im Kreis herum, zeigen auf alle Anderen und schieben diesen die Schuld zu. Nur... gibt es überhaupt einen bestimmten Schuldigen? Oder liegt es einfach daran, dass wir alle zwingenden, logischen Konsequenzen aus den Tatsachen zu lange ignoriert haben?
Es lässt sich nicht bestreiten, dass wir immer älter werden, es immer weniger Junge gibt, die Spitzenmedizin immer teurer wird und dass für die letzten paar Jahre oder gar Monate des Lebens meist mehr Geld für medizinische Behandlungen drauf geht als für das ganze Leben zuvor. Es wäre in vielen Fällen würdiger und günstiger, gewisse Krankheiten gegen Ende des Lebens nur noch zu managen und nicht heilen zu wollen.
Doch hier sind sie wieder: Die Tabus. Es gilt immer noch als ungehörig, ein Menschenleben irgendwie mit einer Summe Geld gleich zu setzen. Doch irgendwann müssen wir damit anfangen und aufhören, uns etwas vorzumachen: Das Gesundheitswesen wird Jahr für Jahr, völlig unabhängig vom Rest der Wirtschaft, um die 4% teurer. Wir Patienten wollen dabei alles und jederzeit haben: Schulmedizin, die sogenannte Alternativmedizin, ärztliche Beratung und High-Tech... und wundern wir uns dabei, wenn die Prämien explodieren.
Die höchsten Kosten entstehen, wie erwähnt, gegen Ende des Lebens. Dies nicht nur, weil die Behandlungen dann sehr aufwändig und teuer sind, sondern auch, weil wir immer weniger unsere Sterblichkeit akzeptieren mögen. Dies sowohl die Patienten als auch deren Angehörige und die Ärzte. Dies verursacht ein wirtschaftliches und finanzielles Problem, mit denen wir kämpfen, ist im Kern aber ein gesellschaftliches. Wir verdrängen den Tod so gründlich aus unserem Alltag, dass wir bereit sind, fast jeden Betrag auszugeben, um das Unvermeidliche zu verhindern, wenn es denn ansteht.
Natürlich ist es einfach darüber zu schreiben, den Tod zu akzeptieren, wenn man gesund ist, nicht in einem Spitalbett liegt, nicht wissend, ob man den nächsten Tag noch erlebt. Aber wir müssen uns in unserer Gesellschaft diese Frage zu stellen beginnen. Wir können es uns irgendwann nicht mehr leisten, die Augen davor zur verschliessen.
Wir mögen heute über Kaiser Qin Shihuangdi und seine Expeditionen nach dem ewigen Leben lachen. Aber so anders ist unser Kampf um die letzten Monate unserer Leben ja auch nicht und es wäre vermutlich gut für uns alle, wenn die Auseinandersetzung damit endlich enttabuisiert würde.
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