Kurze Freiheitsstrafen seien kostspielig und zugleich kontraproduktiv, sagte der emeritierte Strafrechtsprofessor Stratenwerth in der Samstagsrundschau von Schweizer Radio DRS. Er war Mitglied der Expertenkommission, die das neue Strafgesetz ausgearbeitet hatte. Dieses ist seit Anfang 2007 in Kraft.
Der Ruf nach kurzen Freiheitsstrafen sei populistisch, sagte Stratenwerth. Verurteilte würden aus ihrem normalen Leben gerissen und eventuell auch ihre Arbeitsstelle verlieren. «Das schadet mehr, als dass es nützt», sagte der 85-Jährige. Er verfolgte den «repressiven Trend», den es in ganz Europa gebe, mit Unbehagen.
Verurteilte aus ihrem normalen Leben zu reissen, würde oftmals mehr schaden als nützen, so Stratenwerth.
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Als einen Mangel im neuen Strafgesetz bezeichnet Stratenwerth den Passus, wonach Geldstrafen «in der Regel» lediglich bedingt auszusprechen seien. Diese Formulierung sei aber nicht von der Expertenkommission gekommen, sondern habe sich das Parlament selbst eingebrockt.
Kein Nutzen bei Drogendelikten
Weiter sagte Stratenwerth, dass die Gerichte auch mit dem heutigen Strafrecht strengere Urteile fällen könnten. Doch dass dies nichts nützen würde, habe sich etwa bei der Drogenproblematik gezeigt. Die Schweiz sei bekannt für ihre «massvolle» Strafjustiz - und zwar im «positiven Sinne».
Der Nationalrat hatte vergangene Woche beschlossen, das Straftäter härter anzupacken. Unter anderem sollen Geldstrafen nicht mehr nur bedingt ausgesprochen werden dürfen. Der Ständerat berät in der kommenden Woche über eine Revision des Strafgesetzes.