Berlusconi, der sich als Opfer einer politischen Verschwörung sieht, bezichtigte Napolitano der Parteilichkeit. «Man weiss doch, auf welcher Seite er steht», sagte der sichtlich gestresst wirkende Ministerpräsident vor seiner Residenz. Das Verfassungsgericht selbst bezeichnete er als «rot» und «kommunistisch durchsetzt».
In einem Radiointerview bekräftigte Berlusconi seinen Willen, trotz des Urteils «gelassen, ruhig und mit noch mehr Schneid» weiterzuregieren. Die beiden nach der Auflösung seiner Immunität unmittelbar anstehenden Verfahren gegen ihn bezeichnete er als «falsch, lächerlich und absurd.»
Der Premier drohte, er werde seine Gegner vor Gericht der Lächerlichkeit preisgeben: «Ich werde persönlich vor Gericht erscheinen und allen zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt sind und aus welchem Holz ich geschnitzt bin.»
Destabilisierende Auswirkungen
Die Opposition reagierte scharf auf Berlusconis Drohgebärden. Sein Verhalten sei «vollkommen unverantwortlich», sagte der Generalsekretär der Demokratischen Partei (PD), Dario Franceschini.
Silvio Berlusconi hatte gestern das selbst verliehene Privileg Immunität verloren. /


Die PD schloss nicht aus, vorgezogene Parlamentswahlen zu fordern. Ein weiterer Oppositionspolitiker, Ex-Staatsanwalt Antonio Di Pietro, forderte gar den sofortigen Rücktritt Berlusconis.
Kommentatoren warnten derweil, das politische Hickhack drohe das wirtschaftlich schwer angeschlagene Land auf Monate, wenn nicht Jahre lahmzulegen. «Dies könnte destabilisierende Auswirkungen auf die Politik und den Gesetzgebungsprozess haben», kommentierte die angesehene Wirtschaftszeitung «Il Sole 24».
Das Urteil des Verfassungsgerichts löste eine Immunitätsregelung auf, die von Berlusconis Regierung im Juli 2008 verabschiedet worden war. Die Richter sahen den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verletzt und erklärten die Immunitätsregelung für verfassungswidrig.