Polens Ministerpräsident Donald Tusk hatte eine drastische Verschärfung der Strafen für Sexualstraftäter angekündigt, nachdem in Ostpolen im vergangenen September ein Inzestfall aufgedeckt worden war. Ein 45-jähriger Mann soll dort sechs Jahre lang seine Tochter missbraucht und zwei Kinder mit ihr gezeugt haben.
Die umstrittene Änderung des Strafgesetzbuches hatte bereits vor knapp vier Wochen ohne grosses Aufsehen das Abgeordnetenhaus passiert. Justizminister Andrzej Czuma prahlte damals vor Journalisten, kein anderes europäisches Land könne solches Recht vorweisen.
Weltweit führend
Polen gehöre damit zur Speerspitze jener Länder, die pädophiles Verhalten und Verbrechen gegen die Kinder nicht hinnehmen wollten. Nur einige US-Staaten hätten ähnliche Vorschriften beschlossen, sagte stolz der amerikaerfahrene Politiker, der nach einer umstrittenen Äusserung in einem anderen Fall inzwischen sein Amt verloren hat.
Das vom Parlament geänderte Strafgesetzbuch zwingt die Richter, Kinderschänder und Inzesttäter nach Verbüssen ihrer Haftstrafe in die chemische Zwangsbehandlung zu schicken.
Die Behandlung wird in Polen obligatorisch. /


Diese Massnahme, von den Medien als «chemische Zwangskastration» bezeichnet, soll für Straftäter gelten, die Minderjährige unter 15 Jahren vergewaltigt haben oder ein Inzestverbrechen begangen haben.
Strafen erhöht
Bisher konnten die Richter selbst entscheiden, ob sie diesen Schritt anordnen wollten. Der Gesetzgeber erhöhte zudem die Strafen für diese schweren Sexualverbrachen. Den Tätern drohen nun von 3 bis 15 Jahre statt wie bisher 2 bis 12 Jahre Haft.
Ex-Gesundheitsminister und Psychiater Marek Balicki, der im Sejm als einziger gegen den Entwurf stimmte, machte keinen Hehl aus seiner Empörung. «Die Medizin wird hier zu einem Strafmittel degradiert», sagte der linke Politiker.