et / Quelle: news.ch / Freitag, 12. März 2010 / 11:28 h
Die Initiative hätte zeitlich nicht besser lanciert werden können. Inmitten des durch hemmunglose Spekulationen ausgelösten Meltdowns der Weltwirtschaft lancierte der mittelständische Zahnpasta-Hersteller (Trybol) Thomas Minder seine Initiative «gegen die Abzockerei». Liest man den Initiativtext durch, spürt man regelrecht einen calvinistischen Geist durch die Zeilen wehen, eine Abscheu gegen Gier und Übertreibung, gegen obszöne Vergütungen und Löhne jenseits des Nachvollziehbaren.
Eine Kluft tat sich auf
Das Ziel von Minder ist klar: Die Glücksspieler, Hasardeure und jene, die Firmen dank ihrer Position wie ihr persönliches Kässeli benutzen, sollen gebremst werden. Gigantische Abgangsentschädigungen – die sogenannten goldenen Fallschirme – welche meist schon beim Antritt der Stelle vereinbart und ohne Berücksichtigung ihrer Leistungen beim Abgang an die Manager ausgezahlt werden, sollen künftig verboten sein.
Alles Forderungen, die in der Wirtschaft auf wenig Gegenliebe stossen, im Volk hingegen, dass sich von «denen da oben» ausgenützt ja sogar verhöhnt fühlt, umso populärer sind. Es ist diese Kluft, die – noch mehr als die Initiative an sich – den Grossbanken und Grossfirmen Sorge machen sollte.
Langweilig aber funktioniert
In der Schweiz standen lange Zeit zwei Drittel der Bevölkerung geschlossen hinter den Banken, hinter der Wirtschaft. Es war Konsens, dass von einer starken Wirtschaft, die frei handeln kann, alle profitieren. Und dies war auch der Fall. Die Arbeitslosenzahlen, der Wohlstand, das Wachstum und der soziale Friede machten aus der Schweiz ein sehr langweiliges Land, das einfach funktionierte.
Doch schon seit Jahren erodiert dieser Fels in der Brandung an allen Ecken und Enden.
Nationalrat: Parteitaktik schlägt Zukunft-Gestaltung /


Die «Global Players» der Schweizer Wirtschaft haben keinen unwesentlichen Anteil daran. Die ursprüngliche Art des Schweizerischen Wirtschaftens war eine ohne Stars und Allüren im Management mit einem gewissen Mass an Anstand. Ein Bank-Manager war einfach einer, der schaffte wie jeder andere auch. Doch seit die US-Art des Managements eingeführt wurde, bei der kurzfristige Gewinne das Ziel sind und die hemmungslos Gier als Motivator im Zentrum steht, schwand auch die Liebe der Schweizer zu den Mächtigen der Wirtschaft und es tat sich ein tiefer Graben auf.
Profilierungssucht statt Substanz
Als dann auch noch der Steuerzahler für die Resultate dieser Exzesse aufkommen musste, war das Tuch zerrissen. Alleine die Tatsache, dass die Abzocker-Initiative so leicht zustande kam, hätte ein Alarm-Signal zur Stimmung im Volk sein sollen.
Aber der Ton aus den Vorstandsetagen hat sich nicht geändert, die Entfremdung geht weiter – zum Schaden aller. Wenn die Initiative so wie sie eingereicht wurde durchkommt, könnte das durchaus ein Standortnachteil – besonders wenn es um die Ansiedlung neuer Firmen geht – werden. Doch ebenso wenig kann es weitergehen wie bis jetzt: Eine Wirtschaft, die den Rückhalt im Volk verliert, ist früher oder später zum Scheitern verurteilt.
Die Schweiz braucht und will einen neuen, von einer Mehrheit getragenen Konsens. Es wäre nun die Aufgabe des Nationalrates eine Basis für einen solchen Gegenvorschlag zu schaffen. Doch das parteitaktische Geplänkel im Parlament, die Profilierungssucht auf Kosten der Substanz verheisst nichts Gutes und wird der Wichtigkeit dieser Vorlage, welche die Schweizer Wirtschaft auf Jahrzehnte hinaus beeinflussen wird, nicht gerecht.