Finanzminister Hans-Rudolf Merz und sein deutscher Amtskollege Wolfgang Schäuble einigten sich am Mittwoch in Bern auf die Aufnahme von Verhandlungen im Steuerbereich. Sie setzten zudem ihre Unterschrift unter ein revidiertes Doppelbesteuerungsabkommen, das erleichterte Amtshilfe bei der Verfolgung von Steuerhinterziehern ermöglicht.
«Das ist ein guter Tag für die Schweiz und Deutschland und auch für das gegenseitige Verständnis», sagte Schäuble an einer anschliessenden Medienkonferenz.
Anonyme Steuer statt Informationsaustausch
Vermögenserträge von deutschen Bankkunden in der Schweiz sollen künftig mit einer Abgeltungssteuer erfasst werden, die anonym an die Steuerbehörde in Berlin weitergeleitet wird. Die Höhe des Steuersatzes ist Gegenstand der anstehenden Verhandlungen.
Zudem sollen Altgelder, die teilweise schon jahrzehntelang schwarz in der Schweiz gelagert wurden, legalisiert werden. Was davon an den deutschen Fiskus fliesst und wieviel einem einzelnen Steuersünder von seinem Vermögen noch übrig bleibt, liessen die beiden Finanzminister offen.
Bundesrat Merz betonte, beide Parteien hätten sich darauf geeinigt, dass das Abkommen keine Rückwirkung haben dürfe und dass die Regelung langfristig Bestand haben solle.
Sowohl die Interessen des deutschen Fiskus als auch die Bedürfnisse der Anleger nach Privatsphäre sollen gewahrt bleiben, sagte Merz.
Bundesrat Hans-Rudolf Merz und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble nach Vertragsunterzeichnung. /


Die geplante Abgeltungssteuer «komme in ihrer Wirkung dem automatischen Informationsaustausch gleich», sagte Schäuble.
Bei den für nächstes Jahr geplanten Verhandlungen soll auch die Forderung nach einem erleichterten Marktzutritt für Schweizer Banken in Deutschland thematisiert werden. Zudem stellt Berlin eine Lösung zum Umgang mit gestohlenen Bankdaten in Aussicht. Die Bankiervereinigung lobte die Einigung als «Meilenstein».
Milliarden lagern in der Schweiz
Am Montag hatte Merz bereits mit Grossbritannien eine ähnliche Vereinbarung erzielt. Aus Deutschland und Grossbritannien stammt ein bedeutender Teil der ausländischen Kundenvermögen auf Schweizer Banken - das meiste davon ist nach Einschätzung von Finanzanalysten Schwarzgeld.
Es wird erwartet, dass mit Einführung der neuen Steuer Milliardenbeträge an den Fiskus in London und Berlin fliessen werden.
Deutschland gehört zu den schärfsten Kritikern des Schweizer Bankgeheimnisses. Der ehemalige Finanzministers Peer Steinbrück war massgeblich daran beteiligt, dass die Schweiz 2009 auf einer schwarzen Liste der Steueroasen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) landete.