Viele Neuerungen beim Mobilfunk betreffen in den letzten Jahren die schnelleren Datenverbindungen für die mobile Nutzung des Internets, kleine und leichtere Handys oder Smartphones mit immer mehr Features und Verbesserungen in der Netzabdeckung vor allem auch innerhalb von geschlossenen Räumen. Auf der anderen Seite machen alle Netzbetreiber, egal wo auf der Welt, den weitaus grössten Teil ihrer Umsätze mit Sprachverbindungen, zum Teil sind dies immer noch 80 Prozent aller Einnahmen.
Dafür wurde im Bereich der Sprachübertragung in den letzten zehn Jahren nur vergleichsweise wenig investiert, um dieses Kerngeschäft weiter voranzutreiben und zu sichern. Dies wurde etwa auch auf dem Mobile World Congress im Februar in Barcelona zum Ausdruck gebracht und ein damals noch vergleichsweise kleines «Pflänzchen» geehrt: Die France Telecom Gruppe, zu der beispielsweise Orange in der Schweiz gehört, wurde für ihr Engagement im Bereich von HD Voice als «best mobile technology breakthrough» ausgezeichnet.
HD Voice: «High-Definition-Telefonieren» im Test
High Definition, kurz HD, wird seit längerem für hohe Qualität bei Fernsehen, Bildschirmen, Blueray und anderem verwendet. HD Voice steht im Mobilfunk für klare und besser hörbare Sprachübermittlung. Hierfür wird endlich der schon seit fast einem Jahrzehnt verabschiedete Standard AMR-WB (adaptive multi-rate wideband) als Sprachcodec verwendet. Dieser unterstützt ein Frequenzspektrum von 50 bis 7000 Hertz und kann in den heutigen UMTS-Mobilfunknetzen ohne grossen Aufwand nachgerüstet werden. Durch eine im Vergleich zur heutigen Sprachübertragung deutlich grösseren Frequenzbandbreite (heute: 300 bis 3400 Hertz) wird die Sprachübertragung klarer und viel besser zu verstehen, wie teltarif.ch in dieser Woche in einem Feldversuch von Orange testen konnte.
Störende Hintergrundgeräusche, egal ob Strassenlärm, ein grosser «Lärmteppich» in einem grossen Wartesaal oder Baustellenlärm werden zu einem grossen Teil herausgefiltert. Auch die Sprache des Gesprächspartners klingt viel natürlicher, da durch den neuen Sprach-Codec ein breiteres Spektrum der menschlichen Stimme übertragen werden kann.
Gespräche wirken in HD viel natürlicher. /


Es klang in unseren Tests nahezu so, als wenn der Telefonpartner einem real gegenüber steht, obwohl in den Tests eine Person innerhalb und eine Person ausserhalb eines Gebäudes stand. Nach unserem Eindruck wird das mobile Telefonieren weniger anstrengend, gerade bei Flatrates könnte dies zu einem weiteren Ansteigen der mobilen Telefonminuten führen.
Orange hatte in Zürich bereits eine Mobilfunkzelle mit der für HD-Voice notwendigen Software ausgestattet und Telefone, die den für HD-Voice notwendigen AMR-WB-Codec mitbringen, bereitgestellt. Die Testgespräche führten wir mit einem Nokia N8 und Nokia C7. Voraussetzung für ein HD-Gespräch sind neben der Unterstützung im Mobilfunknetz zwei HD-fähige Mobiltelefone für die Gesprächspartner.
Markteinführung von HD Voice erst «tief in 2011»
Schon jetzt stehen etliche Geräte mit Unterstützung von AMR-WB bereit. Zum Marktstart von HD Voices, den Orange-Manager Roland Loetscher für die zweite Hälfte 2011 plant, wird eine breite Palette HD-fähiger Telefone verfügbar sein. Auch ältere Modelle können übrigens mit einem kleinen Software-Update HD-Telefonie-fähig gemacht werden.
Zunächst gilt es für Orange nun wie für viele andere Netzbetreiber andererorten das eigene Netz softwareseitig aufzurüsten und dann vor allem - und dies ist häufig der weit grössere Part - mit den anderen Netzbetreibern des Landes die Verfahren abstimmen, dass HD-Telefonie auch über die Grenzen des eigenen Mobilfunknetzes funktioniert.
Orange Manager Loetscher will HD Voices übrigens nicht aufpreispflichtig machen, sondern den Qualitätssprung seinen Kunden zum Preis eines bisherigen «einfachen» Mobilfunkgespräches bieten. Vielmehr erwartet er steigendes Telefonaufkommen in seinem Netz und hofft auf einen starken Zuspruch von Wechslern aus den Netzen der Wettbewerber Swisscom und Sunrise.