Die bekanntesten Delegationsmitglieder, Premierminister David Cameron, Prinz William und David Beckham taten am Donnerstagabend ihr Bestes, um sich trotz der peinlichen Niederlage würdevoll aus Zürich zu verabschieden. Man sei natürlich enttäuscht, aber auch überzeugt, dass Russland und Katar gute Weltmeisterschaften ausrichten werden, konnte man hören. Der englische Sportgeist wurde seinem Ruf unmittelbar nach dem Entscheid gerecht. Danach kamen aber mehr und mehr empörte Stimmen auf.
Vor allem die englischen Zeitungen nahmen kein Blatt vor den Mund. Blamage, Erniedrigung, Peinlichkeit waren einige Schlagwörter, deren sich die englischen Journalisten bedienten. Die «Times» zielte mit ihrer Kritik vor allem auf die FIFA und deren Exekutivkomitee: «Dies war eine Peinlichkeit für einen internationalen Sportverband. Die FIFA sollte ihre Probleme jetzt aufarbeiten.» Härtere Geschütze fuhren die Boulvardblätter auf.
Sprach von teuflischen Medien: Sepp Blatter. /


«Russland, ein mafiöser Staat, verdorben bis ins Mark durch die Korruption; Katar ein mittelalterliches Königreich ohne Meinungsfreiheit», porträtierte der «Daily Mirror» die Sieger.
Zu viel Einfluss
Nicht nur die Engländer waren sich einig, dass das Mutterland des Fussballs eines der besten, wenn nicht das beste Dossier abgeliefert hatte. Was waren also die Gründe für das Scheitern? Englands Bewerbungschef Andy Anson holte bei seiner Analyse weit aus und kritisierte zunächst das Wahlverfahren: «Wenn nur 22 Leute abstimmen, gibt ihnen das zu viel Einfluss.» Er beklagte weiter, dass gewisse Exekutivmitglieder ihr Versprechen, für England zu stimmen, nicht gehalten hätten.
Als besonders nachteilig für die Engländer erwies sich aber die Berichterstattung der heimischen Medien. Im Vorfeld der Wahl hatte die Zeitung «Sunday Times» zwei Exekutivmitglieder als bestechlich entlarvt, sie wurden daraufhin suspendiert. Am Montag hatte die BBC-Sendung «Panorama» drei weiteren abstimmungsberechtigten Funktionären korruptes Verhalten bei einem Fall aus den Neunzigerjahren vorgeworfen. Dies kam im Wahlgremium des Weltverbands schlecht an.
FIFA-Präsident Joseph Blatter soll gemäss Anson kurz vor der Abstimmung nochmals Öl ins Feuer gegossen haben, als er von den «teuflischen Medien» sprach. Am Vorabend soll der Walliser zudem eine Pressemappe mit negativen Artikeln britischer Zeitungen bei seinen FIFA-Kollegen verbreitet haben. «Eure Medien haben euch gekillt», bekam Anson von einigen Exekutivmitgliedern zu hören.
Für Anson macht es bis auf Weiteres keinen Sinn sich für eine Weltmeisterschaft zu bewerben: «Das Verfahren muss sich ändern, damit Bewerbungen wie unsere eine Chance haben.» Er bedauerte, dass die diversen Evaluationen offenbar nur wenig Gewicht hatten. England, Australien und die USA, die von den jeweiligen Expertengruppen exzellent bewertet worden waren, kamen gerademal auf kumulierte sechs Stimmen.