Bei der Unternehmenssteuerreform II entgehen dem Fiskus während zehn Jahren jährlich zwischen 400 und 600 Millionen Franken, wie Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Montag in der Fragestunde des Parlaments ausführte. In den erstmals detailliert bezifferten Ausfällen ist die Verrechnungssteuer sowie die Einkommenssteuer bei Bund, Kantonen und Gemeinden berücksichtigt.
Verluste «verkraftbar»
Angesichts jährlicher Steuereinnahmen von total 47 Milliarden Franken sei der Betrag «verkraftbar», sagte sie. Berücksichtigt in der Finanzplanung ist er jedoch noch nicht. Grund für die Mindereinnahmen ist eine lange Rückwirkungsfrist von 14 Jahren beim sogenannten Kapitaleinlageprinzip.
Nach der Regelung können Ausschüttungen von gewissen Kapitalreserven (Agio-Reserven) steuerfrei ausbezahlt werden. Unternehmen wollen in diesem Jahr rege davon Gebrauch gemacht: Dem Bund werden Verrechnungssteuereinnahmen von geschätzten 1,2 Milliarden Franken fehlen.
Keine Kehrtwende
Am Gesetz und der Frist wolle der Bundesrat nichts ändern, bekräftigte Widmer-Schlumpf die bereits vor einer Woche publik gemachte Haltung der Regierung.
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. /


Ein Gesetz, das erst 2008 beschlossen worden sei und erst seit Anfang 2011 Wirkung entfalte, solle wegen der Rechtssicherheit nur in einer gravierenden Ausnahmesituation rasch wieder revidiert werden.
Eine solche Situation liegt aus Sicht des Bundesrates nicht vor. Es liege kein Fehlentscheid vor, der unverantwortbare Folgen habe, sagte Widmer-Schlumpf. Das Kapitaleinlageprinzip sei nicht bestritten, nur die lange Rückwirkungsfrist. Eine Änderung würde zudem dem Wirtschaftsstandort Schweiz schaden.
Ordentliches Gesetzgebungsverfahren
Zudem stellte Widmer-Schlumpf in Frage, ob Massnahmen etwas bringen würden: Um etwa die Rückwirkung aufzuheben, müsste ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren durchgeführt werden. Dies brauche Zeit. Träte ein revidiertes Gesetz auf Anfang 2013 in Kraft, wäre ein Teil der Steuerausfälle bereits eingetreten.