«Die Politik muss Mühen um Gerechtigkeit sein und so die Grundvoraussetzung für Friede schaffen.» Erfolg könne auch Verführung sein und «so den Weg auftun für die Verfälschung des Rechts, für die Zerstörung der Gerechtigkeit».
Er erinnerte an die Zeit des Nationalsozialismus, der den Staat zum Instrument der Rechtszerstörung gemacht habe. Grundlegend Aufgabe des Politikers bleibe, dem Recht zu dienen und «der Herrschaft des Unrechts zu wehren». In Grundfragen des Rechts, in denen es um die Würde des Menschen gehe, reiche das Mehrheitsprinzip nicht aus.
Die meisten Abgeordneten hiessen das Kirchenoberhaupt stehend mit viel Applaus willkommen. Einige Dutzend der 620 Parlamentarier blieben fern, weil sie den Auftritt des Papstes für unvereinbar mit der religiösen Neutralität des Staates halten.
Messe der Superlative
Am Abend feierte Benedikt XVI.
Papst Benedikt XVI. appellierte an die Politiker. (Archivbild) /


im Berliner Olympiastadion mit 61'000 begeisterten Anhängern die Heilige Messe. Bei einer Fahrt mit dem offenen Papamobil durch das Stadionrund jubelten ihm die Gläubigen wie einem Popstar zu, sie schwenkten Fahnen in den Kirchenfarben und hielten Transparente hoch.
Immer wieder wurden dem Papst kleine Kinder ins Fenster gereicht, die er zart mit den Lippen berührte und segnete. Eindringlich rief er die Katholiken auf, trotz Negativschlagzeilen zu ihrer Kirche zu stehen.
«Manche bleiben mit ihrem Blick auf die Kirche an ihrer äusseren Gestalt hängen», beklagte der Papst in seiner stark theologisch geprägten Ansprache, die weltweit übertragen wurde. «Die Kirche ist das schönste Geschenk Gottes.»
Auf drängende Fragen von deutschen Gläubigen etwa nach den Missbrauchsfällen, dem Zölibat und dem Umgang mit geschiedenen Christen ging er in seiner Predigt nicht ein.
Der in Bayern geborene Joseph Ratzinger besucht Deutschland zum dritten Mal als Papst. Er ist seit 2005 Kirchenoberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken.