Wir werfen einen Blick auf die Neuerungen der Release Preview und erörtern, wer das neue Betriebssystem wirklich braucht.
Die Stossrichtung war von Anfang an klar: Microsoft hat sich auf die Fahnen geschrieben, zusammen mit Intel auf dem attraktiven Markt der Tablets mitzumischen, den bisher überwiegend Apple und die Android-Konkurrenz unter sich aufgeteilt haben. Darum hat sich seit der ersten Consumer Preview, die nicht nur von Entwicklern, sondern auch von Endkunden ausprobiert werden konnte, der Eindruck manifestiert, dass Microsoft die klassischen Desktop-Kunden beim Umstieg vielleicht zu stark herausfordert - um nicht zu sagen: vergrault.
Anpassungen der Release Preview: Optik und Funktionalität
Der bunte Fisch auf dem Bootscreen der Consumer Preview von Ende Februar hatte Freunde und Ablehner gefunden - bei der neuesten Ausgabe des Betriebssystems ist er schon wieder verschwunden. Dafür begrüsst das System den Anwender nun mit einem Windows-Schriftzug.
Der Metro-Bildschirm hat ein neues, etwas aufgelockertes Hintergrundbild bekommen, das sich nun auch farblich mehr variieren lässt als in der letzten Fassung. Trotzdem wirkt das Kachel-Layout immer noch etwas statisch: Nur nach dem Anklicken einer Kachel mit der rechten Maustaste kann man deren Grösse ändern und dann eine etwas flexiblere Platzierung auf dem Desktop vornehmen.
Fährt man mit der Maus in die rechte untere Bildschirmecke, hat sich das dort erscheinende Zoom-Symbol verändert: Bisher tauchte ein Lupen-Symbol auf, jetzt ist es ein Minuszeichen. Neu hinzu gekommen ist auf der rechten Bildschirmleiste unter «Geräte» die Funktion «Zweiter Bildschirm». Zur Auswahl stehen die Optionen «Nur PC-Bildschirm», «Duplikat», «Erweitern», «Nur zweiter Bildschirm». Damit wird Windows 8 nun auch für Computer oder Notebooks interessant, die überwiegend für Präsentationen verwendet werden.
Den angekündigten Verzicht auf die mit Windows Vista eingeführte Aero-Oberfläche hat Microsoft übrigens noch nicht umgesetzt: Öffnet der Anwender auf dem klassischen Desktop beispielsweise den Windows-Explorer, ist von der versprochenen einfachen weissen Optik noch nichts zu sehen.
In einem Punkt hat sich Microsoft allerdings die Beschwerden der Nutzer zu Herzen genommen: Der Adobe Flash Player wird nun bereits «ab Werk» mitgeliefert. Bei der Consumer Preview war er zwar nicht explizit verboten, musste aber händisch nachinstalliert werden.
Windows Mediacenter mit Geheim-Schlüssel trotzdem nutzen
Obwohl das Windows Media Center schon unter den früheren Windows-Versionen nicht als allererste Wahl für Multimedia-Freaks galt, hat Microsofts Ankündigung, es bei Windows 8 aus der Standardinstallation zu streichen, trotzdem Widerspruch ausgelöst. Im Netz kursiert allerdings eine geheime Anleitung, wie Media-Center-Fans es unter der Release Preview trotzdem wieder hervorzaubern können.
Mit der Tastenkombination «Windows-F» zeigt das Betriebssystem ein Suchfenster. Hier muss man den Menüpunkt «Einstellungen» markieren und ins Suchfeld das Wort «Features» eintippen. Nun erscheint auf der linken Bildschirmseite die Option «Features zu Windows 8 hinzufügen». Nach einem Klick startet ein Assistent, in dessen Verlauf der Nutzer nach einer Seriennummer gefragt wird. Diese lautet MBFBV-W3DP2-2MVKN-PJCQD-KKTF7. Vom Windows Media Center ist im Verlauf dieses Assistenten übrigens kein einziges Mal die Rede, lediglich den Lizenzbedingungen muss der Nutzer noch zustimmen. Anschliessend startet der Computer automatisch neu.
Der Umstieg auf Windows 8 ist nicht für alle empfehlenswert! /


Nach dem Hochfahren begrüsst der Assistent den Anwender mit dem lustigen Hinweis: «Das war schon alles. Der PC kann jetzt verwendet werden.» Das - übrigens unveränderte - Windows Media Center erscheint nun in einer eigenen transparenten Kachel auf dem Metro-Bildschirm.
Nun verraten wir, welche neuen Apps in der Release Preview und im Store zu finden sind und erläutern die Frage, für wen sich ein Umstieg auf Windows 8 lohnt.
Einschätzung: Für wen lohnt sich der Umstieg auf Windows 8?
Neu auf dem Desktop ist die App «Bing Sport», die im Stil bereits bekannter Nachrichten-Apps den Windows-Nutzer mit Sport-Neuigkeiten versorgt. Für allgemeine Nachrichten erledigt dies «Bing Nachrichten».
Die Meldung neuer, vorinstallierten Apps ist damit zwar erschöpft, im Windws-8-Store gibt es aber einige neue Apps, die sicherlich Freunde finden werden. Zuerst ist hier die Wikipedia-App zu nennen, und auch die auf diversen Screenshots von Microsoft schon gesichtete Kindle-App von Amazon hat es nun in den Store geschafft. Für Musikfreunde sind «TuneIn Radio», «Slapdash Podcasts» und «Music Maker Jam» hinzugekommen. «Fresh Paint» ist ein Malprogramm, das auf Tablets sicherlich Freunde finden wird. In der Kategorie «Neuveröffentlichungen» sind insgesamt 99 neue Apps gelistet, was darauf schliessen lässt, dass immer mehr Entwickler Windows 8 als lohnendes Arbeitsfeld betrachten.
An deutschsprachigen Medien bieten mittlerweile die Computerbild und Toms Hardware eine App, auch asiatische und arabischsprachige Apps finden sich unter den Neuzugängen. Ansonsten überwiegen aber nach wie vor englischsprachige Medien und Spiele, bei produktiven Anwendungen ist das Angebot weiterhin spärlich.
Umstieg auf Windows 8: Nicht für alle empfehlenswert
An der grundsätzlichen Ausrichtung von Windows 8 hat sich auch bei der Release Preview nichts geändert: Die Optimierung für Geräte mit Touchscreen schreitet voran. Darum werden insbesondere Besitzer von Touch-Geräten von einem Umstieg profitieren. Im Tablet-Bereich ist es allerdings müssig, hier von «Umstieg» zu sprechen, da bislang kaum Geräte mit Windows 7 im Umlauf sind. Ein Beispiel dafür war das von teltarif.ch mit beiden Windows-Versionen getestete Wortmann Terra Mobile Pad. Ein «Umstieg» würde hier lediglich stattfinden, wenn Nutzer sich dazu entscheiden, ihre iPads und Android-Tablets zugunsten eines Windows-8-Tablets zu «verschrotten» - und das ist eher unwahrscheinlich, schon aufgrund des momentan noch spärlichen App-Angebots.
Die Frage «Umstieg oder nicht» stellt sich also hauptsächlich für klassische PC-, Notebook- und Netbook-Nutzer. Und hier wird die Frage »Touchscreen oder nicht« ausschlaggebend für oder gegen die Migration auf Windows 8 sein. Nach unserer Einschätzung werden Nutzer eines berührungsempfindlichen All-In-One-PCs ebenso profitieren wie Notebook-Anwender mit Touchscreen. Denn für diese beiden Gerätekategorien war die Touch-Bedienung unter Windows 7 bisher aufgrund der kleinen Symbole und Menüs relativ mühsam. Auch für Benutzer eines Notebooks mit umklappbarem oder abnehmbaren Touch-Display ist der Umstieg auf Windows 8 eine echte Option, nicht zuletzt durch das kürzlich angekündigte Upgrade-Angebot.
Lediglich Anwender, die gerne mit Tastatur und Maus arbeiten und sich bei der Bedienung nicht gerne umgewöhnen wollen, sollten sich den Umstieg auf Windows 8 gut überlegen. Denn die versteckten Menüs und Leisten, die sich erst bei einer Mausbewegung in die Bildschirmecke oder an den Bildschirmrand zeigen, sind gewöhnungsbedürftig - und durch die visuelle Abwesenheit prägen sich ihre Funktionen auch nicht so gut ein wie bei früheren Windows-Versionen. Für die Mausbedienung war das klassische Startmenü eine unverzichtbare Hilfe - warum Microsoft sich der Weiternutzung dieser Zugriffshilfe so konsequent verweigert, ist unverständlich. Microsoft sollte den klassischen Windows-Nutzern den Umstieg auf Windows 8 dahingehend erleichtern, dass es möglichst viele bekannte und geschätzte Funktionen in den klassischen Desktop von Windows 8 hinüberrettet - und für die Touch-Bedienung gibt's Metro.