Fernsehbilder zeigten hunderte Demonstranten, die auf dem Platz und im benachbarten Gezi-Park friedliche ihren Unmut über den Kurs des islamisch-konservativen Regierungschefs Recep Tayyip Erdogan zum Ausdruck brachten und dem Konzert eines Pianisten lauschten.
In der Hauptstadt Ankara gab es in der Nacht ebenfalls wieder Demonstrationen gegen die Regierung. Rund 2000 Menschen versammelten sich im Zentrum und skandierten Parolen gegen die Regierung Erdogan, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Polizei setzte Rauchgranaten ein, um die Menge auseinanderzutreiben, wie Fernsehbilder zeigten.
Erdogan kompromissbereit
Die türkische Regierung war zuvor einen ersten Schritt auf seine Kritiker zugegangen. Die Umgestaltung des Istanbuler Gezi-Parks könnte Gegenstand einer Volksabstimmung werden, sagte Regierungssprecher Huseyin Celik am Mittwochabend. Celik, der auch Vize-Regierungschef ist, äusserte sich nach einem Treffen Erdogans mit elf ausgewählten Vertretern der landesweiten Protestbewegung.
«In einer Demokratie zählt nur der Wille des Volkes», fuhr Celik fort. Zugleich forderte er die Demonstranten im Gezi-Park auf, diesen «so schnell wie möglich» zu verlassen. «Wir können nicht akzeptieren, dass diese Demonstrationen ewig weitergehen», sagte er.
Die Polizei griff letzte Nacht bei der Demonstration auf dem Taksim-Platz nicht ein. (Archivbild) /


Die Protestbewegung in der Türkei richtete sich ursprünglich gegen Bebauungspläne Erdogans für den Gezi-Park in Istanbul. Inzwischen steht Erdogans Regierung selbst im Zentrum der Kritik. Beim gewaltsamen Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten gab es seit Ende Mai vier Tote und laut Ärzteorganisationen rund 5000 Verletzte.
Bei den Protesten am Mittwoch waren auch zwei kanadische Journalisten festgenommen worden. Was genau den beiden erfahrenen Korrespondenten vorgeworfen wird, war zunächst unbekannt. Kanadas Aussenminister John Baird kündigte an, sich in den Fall einzuschalten.
EU auf Distanz
Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton warnte die Europäische Union angesichts der Unruhen in Istanbul davor, auf Distanz zur Türkei zu gehen. «Dies ist nicht der Moment, sich zu lösen, sondern sich noch stärker zu engagieren», sagte sie im Europaparlament in Strassburg.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok, forderte dagegen Europas Regierungschefs auf, Ende Juni kein weiteres Verhandlungskapitel in den Beitrittsgesprächen mit Ankara zu öffnen.
«Ich frage die Regierungschefs der Europäischen Union, ob dies der richtige Augenblick ist, wie geplant Ende Juni die Eröffnung eines weiteren Kapitels in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beschliessen», sagte Brok der Zeitung «Die Welt».