Die 24-jährige Nadeschda Tolokonnikowa verliess am Montag im sibirischen Krasnojarsk ein Gefängnisspital etwa 4000 Kilometer von Moskau entfernt. Ihre 25-jährige Mitstreiterin Maria Aljochina hatte wenige Stunden zuvor ein Straflager in Nischny Nowgorod an der Wolga verlassen können.
Die beiden Frauen waren im vergangenen Jahr nach Kritik am russischen Regierungschef Wladimir Putin zu zwei Jahren Straflager wegen Rowdytums aus religiösem Hass verurteilt worden. Sie kamen nun im Zuge einer Massenamnestie frei.
Regulär wäre die Haftzeit Anfang März zu Ende gewesen. Tolokonnikowa und Aljochina erklärten, dass sie sich für bessere Haftbedingungen in Russland einsetzen und politisch aktiv bleiben wollen.
Michail Chodorkowski in Deutschland
Tolokonnikowas Mann Pjotr Wersilow veröffentlichte im Kurznachrichtendienst Twitter ein Bild, wie die 24-Jährige schon bei Dunkelheit ins Scheinwerferlicht der Medien trat.
«Nach meiner Haftentlassung bin ich in Arbeitsstimmung», sagte Tolokonnikowa. «Jetzt fängt alles erst an», sagte sie. Sie wolle sich weiter gegen das «autoritäre System» von Kremlchef Putin kämpfen.
Erst am Freitag hatte Putin mit einem Gnadenakt auch seinen Erzfeind Michail Chodorkowski nach mehr als zehn Jahren in Haft freigelassen. Der frühere Milliardär reiste nach Berlin aus, wo er Zeit mit seiner Familie verbringt.
Seine Zukunftspläne liess er offen. Allerdings will er nicht mehr - wie vor seiner Festnahme 2003 - die Opposition finanzieren.
Maria Aljochina bei ihrer Ankunft in Moskau. /

Nadeschda Tolokonnikowa wurde im Zuge einer Amnestie aus der Haft entlassen. (Archivbild) /


Verschiedene Medien spekulieren, dass sich Chodorkowski in der Schweiz niederlassen könnte, wo offenbar seine Frau lebt.
Chodorkowski will nicht um sein Vermögen kämpfen
Der einst reichste Russe kämpft nach eigenen Angaben nicht um Rückgabe seines früheren Eigentums. Chodorkowski war einmal Chef des grössten russischen Ölkonzerns Yukos, der nach seiner Festnahme zerschlagen worden war.
Anders als Chodorkowski weigerten sich die Frauen von Pussy Riot - beide junge Mütter -, ein Gnadengesuch beim Präsidenten zu stellen. Der Kreml wertet solche Bitten um Gnade als Schuldeingeständnis. Das hatten die in einem international kritisierten Verfahren verurteilten Putin-Gegnerinnen stets abgelehnt.
Politiker und Künstler sowie Menschenrechtler hatten sich weltweit immer wieder für eine Freilassung der Pussy-Riot-Frauen eingesetzt.
Schweizer Aktivist kann noch nicht ausreisen
Die Staatsduma hatte am vergangenen Mittwoch eine Massenamnestie beschlossen, die auch mehrere Gegner Putins betrifft. In Freiheit kamen auch einige Oppositionelle, die vor der Amtseinführung Putins am 6. Mai 2012 wegen angeblich gewaltsamer Ausschreitungen inhaftierten worden waren.
Im Zuge der Amnestie wurden auch die Verfahren gegen 30 Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace eingestellt - unter anderen gegen den Zürcher Marco Weber.
Die Männer und Frauen aus verschiedenen Ländern waren nach einem Protest gegen russische Ölbohrungen in der Arktis festgenommen und dann wegen Rowdytums angeklagt worden. Sie warten auf ihre Ausreise aus Russland.
Russland sorgt sich um Bild in Weltöffentlichkeit
Dass die Gefangenen nun freikommen, werten Beobachter auch als Kreml-Zugeständnis an den Westen vor den Olympischen Winterspielen, die am 7. Februar in Sotschi eröffnet werden. Mehrere Politiker hatten angesichts der Menschenrechtslage in Russland Reisen ans Schwarze Meer abgesagt.
Menschenrechtlern zufolge dürften durch die Amnestie weniger als 1500 Häftlinge freikommen. Insgesamt sind Regierungsangaben zufolge 700'000 Menschen in Russland inhaftiert.