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«Sinkende Biodiversität» heisst «schwindendes Naturkapital»Weltweit sterben Tier- und Pflanzenarten aus. Die sinkende Biodiversität bedroht unsere Wirtschaft, die zu einem grossen Teil auf Produkten und Leistungen der Natur aufbaut. Unternehmen sollten sich dessen bewusst werden. Doch dazu braucht es die richtige Sprache.Gabi Hildesheimer / Quelle: ETH-Zukunftsblog / Freitag, 21. Februar 2014 / 09:39 h
Um die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten steht es nicht gut: Der so genannte Verlust an Biodiversität sorgt seit einigen Jahren regelmässig für Schlagzeilen. Während Forscher immer neue Hiobsbotschaften vom Aussterben diverser Tier- und Pflanzenarten verkünden, versuchen Bund und Kantone unter erheblichen Anstrengungen - zum Beispiel mit der Biodiversitätsstrategie Schweiz - dem Trend entgegenzuwirken. Einzig in der Wirtschaft scheint die Problematik praktisch inexistent. Das liegt daran, dass der Zusammenhang zwischen der Artenvielfalt und der Wirtschaft für viele Firmen alles andere als offensichtlich ist.
Naturkapital im «daily business» Dabei ist dieser Zusammenhang enorm wichtig: Die Biodiversität ist nämlich die Grundlage aller natürlichen Ressourcen und damit ein essenzielles Kapital jeder Firma. Denn eine biodiverse und somit intakte Natur liefert uns etliche Güter wie Nahrungsmittel, Baumaterialien, Rohstoffe oder Energieträger. Der Unternehmer ist aber nicht nur im Lebensmittel- oder Rohstoffhandel, sondern auch in den meisten anderen Branchen auf das sogenannte Naturkapital angewiesen. So zum Beispiel in der chemisch-pharmazeutischen Industrie, wo unter anderem pflanzliche Moleküle die Grundlage für Medikamente bilden. Oder überall dort, wo etwa Wasser für die Produktion von Gütern verwendet wird. Die richtige Sprache Das Problem ist nur, dass sich der Biodiversitätsverlust in den Jahresbilanzen der Unternehmen bisher nicht bemerkbar macht. Das Vogelgezwitscher, die schöne Blumenwiese und der Wildbach fehlen zuerst dem menschlichen Gemüt. Umso mehr gilt es, bereits jetzt zu handeln - und dafür müssen alle mit anpacken: Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Gabi Hildesheimer ist Geschäftsführerin von Öbu, dem Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften. /
Artenvielfalt als Existenzgrundlage: Ein Thema, das insbesondere auch Firmen betrifft. /
Genau deshalb müssen wir den unmittelbaren Wert der Biodiversität für die einzelnen Unternehmen in eine Sprache übersetzen, die sie auch verstehen - nämlich die Sprache der Ökonomie. Aus einem Fluss wird eine nachhaltige Energiequelle, aus einer Wiese eine Aufbereitungsanlage für Trinkwasser, und aus einem Wald ein Emissionszertifikat. Für solche «Übersetzungen» gibt es bereits einige Ansätze, wie etwa die Initiative TEEB , welche die Ökonomie von Ökosystemen und Biodiversität untersucht, oder das Handbuch zur unternehmerischen Bewertung von Ökosystemdienstleistungen. Entziehen und ersetzen Ein gutes Beispiel dafür, wie solche Ansätze gelebt werden können und was man als Unternehmen tun kann, liefert die deutsch-schweizerische Firma Reckhaus, die Insektenbekämpfungsmittel produziert. Da ihr Produkt Insekten tötet, die dann dem Ökosystem fehlen, erstellt das Unternehmen ökologische Ausgleichsflächen auf Flachdächern. Das bietet anderen Insekten einen Lebensraum und ersetzt damit, was der Natur entzogen wird. Denn Insekten besitzen für uns Menschen einen echten Wert. Ein Grossteil unserer Kulturpflanzen ist nämlich auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Und letztlich machen Insekten einen essenziellen Anteil der weltweiten Biodiversität aus. Diese sorgt in ihrer Gesamtheit - der Vielfalt von Genen, Arten und Lebensräumen - für die nötige Stabilität unserer Biosphäre und stellt unser Naturkapital langfristig sicher. Wer mit einem Unternehmer spricht, sollte also statt vom «Verlust der Biodiversität» besser von der «Verknappung der Naturkapitalien» sprechen. Denn je knapper ein Gut, desto höher der Preis. Und desto wichtiger, dass die Firmen den Wert der Biodiversität in Zukunft in ihre Unternehmensrechnung mit einbeziehen. Wenn schliesslich auch die Konsumentinnen und Konsumenten die Leistung der Natur wertschätzen und den entsprechenden Preis zu zahlen bereit sind, geht die Rechnung auf. Logisch, nicht?
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