Beckenbauer hat nach Angaben des Deutschen Fussball-Bundes vier Tage vor Vergabe der WM 2006, am 2. Juli 2000, eine vertragliche Vereinbarung mit dem früheren FIFA-Vizepräsidenten Jack Warner unterschrieben. In diesem Dokument seien der Konföderation des stimmberechtigten Exekutivmitglieds «diverse Leistungen» von deutscher Seite zugesagt worden, sagte DFB-Interimspräsident Rainer Koch.
Dies seien «keine direkten Geldleistungen» gewesen, sondern unter anderem Vereinbarungen über Spiele, Unterstützung von Trainern beim Kontinentalverband CONCACAF oder Ticket-Zusagen für WM-Spiele an Warner selbst, erklärte Koch. Es bestehe keine Erkenntnis, ob dieser Vertrag in Kraft getreten sei. Beckenbauer sei damals nicht allein vertretungsberechtigt für den Deutschen Fussball-Bund gewesen. Daher seien alle festgehaltenen Absprachen abhängig von einer Zustimmung des DFB-Präsidiums gewesen.
Angesichts der Unterschrift von Beckenbauer geht auch der DFB von einem möglichen Bestechungsversuch aus. «Das muss man so werten, dass zumindest über diese Fragen nachgedacht worden ist», sagte Reinhard Rauball, der nach dem Rücktritt von Präsident Wolfgang Niersbach vorerst gemeinsam mit Koch den DFB führt, beim TV-Sender Sky. «Wenn etwas schriftlich konzipiert ist, egal ob es dann formwirksam geworden ist oder nicht, dann ist das etwas, was diese Vermutung zulässt.»
Zuvor hatten die «Bild» und die «Süddeutsche Zeitung» über die Unterschrift Beckenbauers berichtet. Der Beckenbauer-Vertraute Fedor Radmann, später auch Mitglied des Organisationskomitees, soll den Entwurf demzufolge paraphiert haben. Das Management von Beckenbauer wollte diese Berichte zunächst auf Anfrage nicht kommentieren.
Es könnte eng werden für Franz Beckenbauer. /


Bislang hatte der OK-Präsident einen Stimmenkauf vehement abgestritten. «Wir haben die Bitte, dass er sich intensiver einbringt in die Aufklärung der Vorgänge», sagte Interims-Präsident Koch. Der 70-Jährige hatte bereits vor zwei Wochen vor den externen DFB-Ermittlern ausgesagt - offenbar sind Fragen geblieben.
Dass Beckenbauer die Vereinbarung mit Jack Warner einging, macht sie noch verdächtiger. Denn der Funktionär aus Trinidad und Tobago ist als einer der korruptesten Funktionär im Weltfussball entlarvt worden. Vier Jahre nach seinem Rücktritt von allen Ämtern war Warner Ende September lebenslang von der FIFA-Ethikkommission gesperrt worden. Er wurde von der Kammer als «Drahtzieher von Systemen, die die Gewährung, Annahme und den Empfang verdeckter und illegaler Zahlungen beinhalteten» bezeichnet. Warner war vor 15 Jahren eines von 24 stimmberechtigten Mitgliedern der FIFA-Exekutive.
Politik erwartet Aufarbeitung von innen
Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière fordert nach dem Rücktritt von Niersbach «eine konsequente Aufarbeitung der Affäre um die WM 2006». Er erwarte, dass alle, die zur Aufklärung beitragen können, ihre Beiträge auch einbringen, sagte der CDU-Politiker. Der DFB müsse «konsequent den gesamten Vorgang »WM 2006« weiter aufarbeiten. Das liege auch im Interesse des Fussballs und insgesamt des Sports in Deutschland».
De Maizière scheint dabei nicht zu bedenken, dass eine ernsthafte Untersuchung der Korruptionsvorwürfe nur von aussen und nicht von den Interessensvertretern im DFB geführt werden könnte. Im aktuellen Zusammenhang wäre es ungefähr so, wie wenn man vom russischen Leichtathletikverband einen lückenlosen Bericht über das Doping in Russlands Leichtathletik verlangen würde.