FDP-Nationalrätin Doris Fiala will sich mit dem Kauf der Daten-CD durch die nordhrein-westfälische Regierung nicht abfinden - sie wolle mit einer Interpellation dafür sorgen, dass der Bundesrat Deutschland vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag zerrt. Die gestrige Medienkonferenz der FDP stand demnach auch unter dem Motto: «Völkerrecht statt staatliches Faustrecht.»
Bisher sollen rund 80 Nationalräte den Vorstoss unterschrieben haben - auch CVP-Präsident Christophe Darbellay sowie die SP-Nationalräte Chantal Galladé und Daniel Jositsch.
Konkret geht es bei dem Datenkauf um einen Verstoss gegen das Völkerrecht: Deutschland verletze diverse UNO-Verträge, das Strafrechtsübereinkommen über Korruption sowie das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz, heisst es in einer Pressemitteilung der FDP. Fiala stützt sich dabei auf die Anwältin Vera Delon, welche die Rechtsgrundlage für die Interpellation erarbeitet hat.
Schweiz kann kein verbindliches Urteil fällen
Am IGH werden Streitigkeiten zwischen Nationen, welche die Auslegungen eines völkerrechtlichen Vertrags wie die UNO-Charta oder das Doppelbesteuerungsabkommen betreffen, geschlichtet.
«Die Schweiz kann den Datenlieferanten in der Schweiz zwar wegen Verletzung von Staatsschutzdelikten (Art. 271, 273 StGB) und anderen Straftaten verfolgen, sie kann aber kein verbindliches Urteil darüber fällen, ob Deutschland völkerrechtlich für Angriffe auf die Souveränität der Schweiz verantwortlich ist und inwiefern es mit seinem Verhalten Völkerrecht verletzt hat», schreibt die FDP dazu auf ihrer Webseite.
Bestechung oder Aufklärung?
Laut FDP liegt eine Verletzung des Strafrechtsübereinkommens über Korruption vor, das von allen 47 Mitgliedern des Europarates unterzeichnet und von 42 Staaten einschliesslich der Schweiz, nicht jedoch von Deutschland, ratifiziert wurde. Dieses Abkommen verlangt in Art.
FDP-Nationalrätin Doris Fiala: «Völkerrecht statt staatliches Faustrecht.» /


7, dass die Vertragsstaaten in ihren Ländern die aktive Bestechung von Personen verbieten, die in einem Unternehmen im Privatsektor tätig sind.
Danach darf keiner Person unmittelbar oder mittelbar Geld oder ein anderer unbilliger Vorteil in Aussicht gestellt oder gewährt werden als Gegenleistung dafür, dass sie eine Pflichtverletzung vornimmt.
Inwieweit aber ein Fall von Bestechung vorliegt, dürfte schwierig zu beurteilen sein, da Deutschland ja niemanden direkt zum Diebstahl animiert habe. Laut Staatsrechtler Thomas Fleiner gibt es keine Rechtsgrundlage, die Deutschland den Kauf gestohlener Daten erlaubt, schreibt der «Tages-Anzeiger» in seiner heutigen Ausgabe.
Allerdings gebe es wohl auch kein Gesetz, das dieses verbiete, da man mit diesem Geld Verbrechen aufklären wolle, so die Haltung Deutschlands.
FDP im Dauerstreit
In der FDP dürften mit der Interpellation jedenfalls die parteiinternen Differenzen um die Weissgeldstrategie und die Verteidigung des Bankgeheimnisses erneut aufflammen. Erst kürzlich forderte Fiala den Parteiaustritt der progressiven Kräfte um Philipp Müller, Otto Ineichen und Werner Messmer. Diese hatten sich für die Aufhebung der Unterscheidung von Steuerbetrug und -hinterziehung ausgesprochen.
Ob der Bundesrat auf diesen Vorstoss eingehen wird, bleibt allerdings fraglich. Verschiedene Rechtsexperten sehen wenig Aussicht auf Erfolg. Insbesondere bei den Uno-Abkommen sei eine Verletzung fraglich, sagt der Berner Professor Jörg Künzli gegenüber «20 Minuten online», er findet die Liste der FDP «sehr abenteuerlich».
SVP zieht mit
Auch die SVP hat sich zum Datenklau geäussert: Sie reichte Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft wegen Anstiftung und Beihilfe zu wirtschaftlichem Nachrichtendienst ein. Ausserdem sollen die Steuerbeträge aus der Zinsbesteuerung für deutsche Vermögen bis zum Abschluss der Datenklau-Affäre nicht mehr an Deutschland überwiesen werden.
Das Bundesland Nordrhein-Westfalen ist seit Dienstag im Besitz der Daten-CD, dafür sollen 2,5 Millionen Euro bezahlt worden sein.