tri / Quelle: news.ch / Dienstag, 9. März 2010 / 07:09 h
Es mutet ein wenig seltsam an, dass die Gralshüterin des Schweizer Bankgeheimnisses, die FDP, die Unterscheidung von Steuerhinterziehung und -betrug auch im Inland aufzuheben gedenkt. Liegt es an der Wahlschlappe in Zürich? An der neuen Finanzplatz-Realität? An den inneren Querelen?
Parteipräsident Fulvio Pelli erklärte gestern die wohl wichtigste Kurskorrektur seiner Partei, ohne jedoch vorher seine Fraktion davon in Kenntnis zu setzen. Dementsprechend irritiert gaben sich einige Parteimitglieder wie Nationalrätin Doris Fiala oder Nationalrat Filippo Leutenegger. Sie sei «überrascht», erklärte Fiala dem «Tages-Anzeiger» und auch Leutenegger ist «gar nicht begeistert» vom Vorschlag seines Parteipräsidenten.
Warten auf die Delegiertenversammlung
Beide dürften an der Delegiertenversammlung am 24. April darauf setzen, dass Pelli mit seinem Anliegen nicht durchkommen werde. Fiala hatte letzte Woche mit einer Klage gegen Deutschland wegen dem Kauf der Steuerdaten-CDs für Furore gesorgt.
Gegenüber news.ch hatte sie erklärt: «Die Schweiz hat sich bzw. den Banken die härtesten Reglungen weltweit auferlegt, auch im Geldwäschereigesetz und bei dessen Umsetzung sind wir vorbildlich.
Kehrtwende bei Steuerhinterziehung: Parteipräsident Fulvio Pelli und Nationalrat Philipp Müller. /


Wir sollten uns nicht schlechter machen, als wir sind. Das bedaure ich - und dagegen will ich mich wehren.»
Haben sich nun nach dem internen Richtungsstreit die Progressiven in der FDP wie Nationalrat Philipp Müller und Werner Messmer durchgesetzt, damit wieder Ruhe einkehrt? Letzthin noch als Abweichler bezeichnet - Fiala hatte Müller gar nahegelegt, die Partei zu verlassen -, traten gestern ausgerechnet jene beiden neben Pelli und Vizepräsidentin Isabelle Moret vor die Medien.
Keine Kriminalisierung
Müller betonte gegenüber der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens, dass man keine Kriminalisierung bei Nachlässigkeiten wie chaotischer Buchführung wolle. Man wolle aber die schweren Fälle von Steuerhinterziehung dem Betrug gleichsetzen sowie keine weitere Annahme von Schwarzgeld, so Müller.
Alternativ beabsichtigt die FDP interessierten Staaten nach wie vor eine Abgeltungssteuer auf Kapitalerträgen anzubieten, die wenn möglich auch mit einer Steueramnestie kombiniert werden soll - im Gegenzug will die FDP den freien Marktzutritt und eine Amnestie. Schweizer Banken sollen auf die Annahme von Geld verzichten, wenn die «Steuerehrlichkeit des Kunden nicht bewiesen» sei, erklärte Pelli gestern.
Vorwärts beim Marktzutritt
Die Stossrichtung ist klar, die FDP möchte handeln und die momentane unsichere Lage in einen Sieg für den Finanzplatz umwandeln. «Im Interesse unseres Landes und zur Erreichung der Ziele der FDP – mehr Arbeitsplätze und sichere Sozialwerke – brauchen wir Reformen. Die Delegierten der FDP.Die Liberalen werden im April über die Weiterentwicklung unserer Finanzplatzstrategie diskutieren», so Pelli weiter.
Nationalrat Messmer erklärte: «Wir wollen zukunftsfähige Lösungen für einen starken Schweizer Finanzplatz. Mit den neuen Vorschlägen packen wir aktuelle Herausforderungen im Ausland und in der Schweiz an. Als erste Partei zeigen wir, wie eine 'Weissgeldstrategie' konkret aussehen könnte.»