von Brenda Mäder / Quelle: news.ch / Montag, 21. Juni 2010 / 11:35 h
Mit grosser Erleichterung nahmen die Schweizer von Max Göldis Rückkehr Kenntnis. Endlich, nach einer langen und verworrenen Geschichte titelten die Zeitungen – wenigstens online – am Montag Morgen „Max Göldi ist zurück“. Für ihn hat das Warten glücklicherweise ein Ende gefunden. Die gesamte Affäre allerdings ist alles andere als zu Ende. Dies zeigt sich nur schon daran, dass fast täglich neue Meldungen und neue Hinweise hinzukommen, die neue Fragen aufwerfen. Es ist zu erwarten, dass uns das Thema zumindest bis zum Erscheinungsdatum des GPK-Berichts im Herbst begleitet. Ebenfalls ist zu sehen, wie das zukünftige Verhältnis zu Lybien aussieht.
Welche Fragen stehen momentan im Raum? Wie bei dem berühmten Zaubertrick mit dem Hut und den Kaninchen hüpft fast täglich ein neuer Aspekt der Geschichte ans Tageslicht.
Anfang Woche war das Abkommen zwischen Libyen und der Schweiz von Interesse. Dabei wurde erneut das unabhängige Schiedsgericht ins Spiel gebracht. Ebenfalls wurde von weiteren Entschuldigungen seitens der Schweiz und die wahrscheinliche Bezahlung von 1.5 Millionen diskutiert. Das Seilziehen findet schweizintern nicht nur zwischen den Departementen und leider öffentlich, sondern auch zwischen Genf und Bundesbern statt.
Mitte Woche wurden Pläne zu militärischen Aktionen herumgereicht. Dabei ist nicht klar, wie konkret diese waren oder ob dies nur kurz angedacht wurde. Je nach Departement und Presseartikel sieht dies anders aus.
Brenda Mäder meint: «Wie bei dem berühmten Zaubertrick mit dem Hut und den Kaninchen hüpft fast täglich ein neuer Aspekt der Geschichte ans Tageslicht.»
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Wer hätte das Militärpolizei Spezialdetachement nach Libyen geschickt? /


Es bleibt der Eindruck einer gewissen Grössenwahnsinnigkeit. Oder wie sollte die Schweiz in einer spektakulären Befreiungsaktion eine Geisel retten, ohne dabei nachträglich international unter Beschuss zu kommen? Ebenfalls interessant ist, weshalb anscheinend nur einzelne Bundesräte unterrichtet waren und weshalb dies nun auf einen Schlag nicht nur der gesamte Bundesrat, sondern auch alle Zeitungsleser wissen.
Es ist ein langes und mühseliges Hin und Her zwischen den verantwortlichen Departementen zu erwarten. Bundesrätin Calmy-Rey hat es dabei nicht leicht. Einerseits erschienen Berichte über die geschickte Aussenministerin, die die Geisel heimbringen konnte. Andererseits werden ihrem Departement unnötige Verzögerungen und schlechte Koordination mit den anderen Departementen vorgeworfen.
Am Sonntagabend schliesslich trudelt die neueste Meldung der sda ein: Eine weitere Geisel konnte sich vor dem Gefängnis in die Schweizer Botschaft retten und dank eines Deals in die Schweiz ausreisen. Weshalb die gleiche Prozedur für Göldi nicht möglich war - nächste Frage!
Voraussichtlich wird der GPK-Bericht im Herbst einige hohen Wellen schlagen. Das Seilziehen um die Verantwortlichkeiten während der Libyen-Krise wird weitergehen. Zentral dabei ist, ob die Departemente abgesprochen waren und falls nicht, weshalb dies nicht der Fall war. Trotzdem die Krise schlussendlich überwunden wurde, sind sich bereits heute die meisten einig, dass das Krisenmanagement des Bundesrates zu verbessern ist. Was bis dahin diskutiert wird, ist mit Spannung zu erwarten. Das nächste SMS, das Schlagzeilen auslöst, ist mit Sicherheit schon unterwegs.
Neben der Debatte um das Krisenmanagement droht eine grundlegende Frage in den Hintergrund zu treten: Weshalb sollen internationale Regeln für gewisse Staaten nicht gelten? Ein einzelner Staat kann, wie sich auch bei der Rückholung der Geiseln zeigte, in solchen Fragen im Alleingang wenig Druck ausüben. Das bedeutet letztendlich, dass sich gewisse Staaten eigenmächtig Sonderrechte herausnehmen. Welcher westliche Staat bekommt hier keine Probleme mit dem Krisenmanagement?
Brenda Mäder ist Präsidentin der Jungfreisinnigen Schweiz.