Wie eine Korrespondentin des arabischen Senders Al-Dschasira am Morgen aus Kairo berichtete, sei es in den Strassen des Stadtzentrums ruhig. Zwar hätten trotz der Ausgangssperre noch Demonstranten, die den Rücktritt von Präsident Husni Mubarak fordern, über Nacht auf dem zentralen Tahrir-Platz ausgeharrt. Ihre Zahl sei aber deutlich zurückgegangen.
Die Armee hatte die Bürger per SMS aufgefordert, die bis 08.00 Uhr (07.00 MEZ) geltende Ausgangssperre einzuhalten, und andernfalls «scharfe Massnahmen» angekündigt.
Bis zum späten Abend waren noch Ausschreitungen und Plünderungen aus Kairo gemeldet worden. In den Wohnvierteln der Hauptstadt, wo das Militär nicht in Stellung gegangen war, organisierten sich Bewohner in Bürgerwehren, um sich gegen Plünderer zu schützen.
Auch Spitäler nicht verschont
Wie Klinikärzte mitteilten, wurden auch Spitäler angegriffen. Eine Kinderkrebsklinik sei überfallen und von Plünderern ausgeraubt worden. In einem Spital im Kairoer Bezirk Abbasija hätten Ärzte Molotowcocktails hergestellt, um das Hospital verteidigen zu können.
Demonstranten versuchten laut Al-Dschasira, das Innenministerium zu stürmen, wurden von der Polizei aber daran gehindert.
Die Zahl der Demonstranten auf den Strassen von Kairo sei deutlich zurückgegangen. /


Augenzeugen berichteten, es seien auch Schüsse abgefeuert worden. Dabei sollen mehrere Demonstranten getötet worden sein.
Bei den seit fünf Tagen andauernden Protesten wurden nach amtlichen Angaben mindestens 102 Menschen getötet. Alleine am Samstag seien 33 Menschen bei Zusammenstössen mit der Polizei ums Leben gekommen, wie Sicherheitskräfte und Spitäler verlauten liessen.
Nachfolge geregelt
Angesichts der anhaltenden Massenproteste gegen seine Regierung hatte Mubarak am Samstag überraschend seine mögliche Nachfolge geregelt: Erstmals seit seinem Amtsantritt im Oktober 1981 ernannte er einen Stellvertreter.
Vizepräsident soll der bisherige Geheimdienstchef Omar Suleiman, ein enger Vertrauter, werden. Der Personalentscheid wurde als scharfe Kehrtwende von seinem bisherigen dynastischen Kurs gesehen, bei dem sein Sohn Gamal als favorisierter Nachfolger des 82-Jährigen galt.
Suleiman war bisher Mubaraks Mann für heikle Aufträge. Zwischen Israel und den Palästinensern hat der General schon mehrfach vermittelt. Auch in den USA wird er geschätzt.