et / Quelle: news.ch / Sonntag, 30. Januar 2011 / 00:29 h
Nach den gestrigen Zusammenstössen waren die ägyptischen Polizeikräfte fast völlig von der Bildfläche verschwunden. Die Hoffnung, dass das von den Demonstrierenden teilweise euphorisch empfangene Militär die Rolle einer Ordnungsmacht übernehmen würde, hat sich leider nicht verwirklicht.
Laut Aussagen von Passanten beschränkt sich die Präsenz der Militärs auf die Hauptstrassen und grossen Plätze von Kairo und anderen grösseren Städten. Seitenstrassen und Wohnquartiere sind ohne jeglichen Schutz und Plünderungen, Angriffe auf Zivilisten mit Schusswaffen und andere Zwischenfälle sind bereits vorgekommen.
Als Resultat bilden sich vielerorts Bürgerwehren mit improvisierten Waffen (wie Knüppeln und mit Nägeln versehenen Latten), die an Strassensperren Autos überprüfen und sicherstellen wollen, dass keine Plünderer in ihre Quartiere eindringen. Aus diesem Grund sind nun auch viel weniger Demonstranten als noch gestern auf den Strassen.
Das Regime in Verdacht
Es herrscht der Verdacht, dass das Regime auf einen Ausbruch von Anarchie und Rechtlosigkeit hofft, um die Demokratiebewegung so zu schwächen und so diese Krise zu überstehen.
Die Stimmung in Kairo kippte in den Abendstunden von Euphorie zu Besorgnis /


Es wurde sogar vielerorts der Verdacht geäussert, dass es unter den Plünderern und Gewalttätern viele Sicherheitskräfte gäbe, die nun versuchten, Anarchie und Unsicherheit zu verbreiten.
Das Militär in der Hauptstadt habe zudem keinen Auftrag, die Bevölkerung zu beschützen sondern ist scheinbar vor allem dort, um den Fall des verhassten Innenministeriums zu verhindern. Auch ist die Ausrüstung des Militärs kaum für Patroulliendienste geeignet.
Die Stimmung sei innert weniger Stunden von Euphorie auf Furcht und Unsicherheit umgeschlagen und viele Menschen müssen sich nun vor allem um die Sicherheit des eigenen Hab und Gutes sorgen.
Wirtschaftsbosse flüchten
Am Abend seien zudem 19 Privatflugzeuge aus dem eigentlich für den Luftverkehr gesperrten Ägypten nach Dubai geflogen. An Bord hätten sich eng mit dem Mubarak-Regime verbandelte Wirtschaftsbosse befunden.
Diese hätten in den letzten Jahren - im Stil der russischen Oligarchen - Extrem von den Wachstumsraten der ägyptischen Wirtschaft profitiert gehabt und seien im Volk auch extrem unbeliebt gewesen. Trotzdem würde diese Flucht einen schweren Schlag für Ägyptens Wirtschaft bedeuten.
In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob der Volksaufstand erfolgreich sein und Mubarak zum Weichen zwingen wird oder ob dieser mit seiner Ausweich- und Verunsicherungspolitik Erfolg haben wird. Dies hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Opposition nun ein Gesicht - zum Beispiel im Nobelpreisträger El-Baradei finden wird.