Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Freitag, 29. Juli 2011 / 11:27 h
Dabei ist es irgendwie typisch, dass gegenwärtig in den Medien nur von den «besorgten» Finanzmärkten und Banken die Rede ist. Doch wer auch jetzt noch in der Lage ist hinter den Bilanzen, Excel-Tabellen und Zinsrechnungen die wirkliche Welt zu sehen, wird erkennen müssen, dass hier noch viel mehr als nur die Finanzmärkte tangiert wird.
Nun mag man von der US-Politik an diversen Orten auf der Welt halten, was man will, aber sie sorgt zumindest für eine gewisse Sicherheit und Stabilität in vielen krisenträchtigen Regionen. Dass an anderen Orten von den USA erst Krisen geschaffen wurden, darf natürlich nicht ignoriert werden, doch gegenwärtig ist die US-Regierung vor allem damit beschäftigt, sich, ohne allzu grosse Desaster zu hinterlassen, aus diesen Gebieten wieder zurückzuziehen.
Als - vor 16 Jahren - die USA schon einmal für wenige Tage zahlungsunfähig waren, als unter Bill Clinton in einem Kampf mit dem Republikaner-Führer Newt Gingrich für fünf Tage kein neues Geld aufgenommen werden konnte, kam das Pentagon zu einem kreischenden Halt. Ersatzmaterial konnte nicht mehr bestellt werden, Reserven wurden aufgebraucht, Aufsichtspersonal (welche Kontraktoren überwachten) wurden nach Hause geschickt. Doch damals waren die USA in keine bewaffneten Auseinandersetzungen verwickelt, die sich mit jenen von heute vergleichen lassen.
Zudem ist die geopolitische Lage heute um einiges energiegeladener. Nordkorea befindet sich in der Phase eines Führungswechsels, der Iran will seine Regionalmacht ausbauen und sucht dafür Gelegenheiten, der gesundheitlich angeschlagene Präsident Venezuelas könnte mal wieder einen Prestigeerfolg brauchen, Nordafrika und Arabien sind entweder im Aufruhr oder im Umbruch und China drängt aggressiv in die pazifische Region und beansprucht Gebiete der Philippinen und Vietnams.
Die USA sind momentan als grösste Militärmacht an vielen Orten immer noch ein Moderator, eine Kraft, die in der Lage ist, nur durch Präsenz gewalttätige Ausbrüche zu verhindern und in zivilere Bahnen zu lenken.
John Boehner: Patriot, der die USA in den Abgrund treibt. /


Egal was wir von der USA denken: eine auch nur zwei- oder dreiwöchige Zahlungsunfähigkeit würde der militärischen Stabilität der Welt einen enormen Schlag versetzten. Allen Akteuren wäre klar, dass diese Gelegenheit so bald nicht mehr käme; vollendete Tatsachen wären das, wonach sie streben würden, mit möglicherweise dramatischen Konsequenzen.
Den USA selbst würde durch ihre Tea-Party-Patrioten ein Schlag versetzt, zu dem derzeit weder Terroristen noch andere Nationen in der Lage wären. Das US-Militär würde geschwächt werden, der Nachschub schon nach kurzer Zeit versiegen, Flottenverbände müssten sich in Häfen zurück ziehen, da kein Geld für Treibstoff und Löhne vorhanden wäre. Doch die amerikanische Militärmacht würde nicht nur konkret leiden sondern auch Glaubwürdigkeit verlieren, die sich nur schwer wieder herstellen liesse. Wer jemals als Papiertiger erkannt wurde, hat danach ernsthafte Probleme, wieder glaubhaft zu werden. So würde auch das diplomatische Gewicht der USA ernsthaft unter dem Zahlungsaufall leiden. Es wäre ein Tiefschlag gegen die ohnehin mit vielen Problemen kämpfende Supermacht, die realpolitisch enorm leiden würde.
Das Absurdeste ist dabei, dass dieser Schlag von jenen geführt wird, die von einem starken Amerika träumen und die Staaten nun mit Vorsatz in den Abgrund zu schieben versuchen, indem sie jeden Kompromiss der Regierungspartei torpedieren. Doch es wäre nicht das erste mal in der Geschichte, dass die grössten Patrioten, die Nation, für die sie zu kämpfen vorgeben, ruinieren weil ihre Ideologie sie die Realität vergessen lässt.