Rund 50 Aktivisten harrten in eisiger Kälte auf dem Paradeplatz mitten im Zürcher Finanzzentrum zwei Nächte aus. Erst als die Zürcher Stadtpolizei sie aufforderte, den Platz endgültig freizugeben, zogen sie am Montagmorgen kurz vor acht Uhr ab.
Sie liessen sich auf dem nahen Lindenhof nieder, einem Platz hoch über Zürich in der Altstadt. Dort solle mindestens während der nächsten beiden Wochen campiert werden, sagte Aktivistin Simone Leuthold im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Wie es weitergeht, entscheiden die Besetzer fortlaufend. Zunächst wolle man Gespräche mit Anwohnern suchen und eine Infrastruktur aufbauen.
Stadt Zürich mit Verständnis
Die Stadt Zürich zeigte Verständnis für die Anliegen der Empörten. «Wir tolerieren die Besetzung bis auf weiteres», sagte der Zürcher Polizeivorsteher, Stadtrat Daniel Leupi (Grüne) auf Anfrage. Es müsse aber klar eine politische Aktion bleiben.
Am Wochenende hatten gegen 1000 Personen friedlich und in einer farbenfrohen Kundgebung auf dem Zürcher Paradeplatz demonstriert.
Die Demonstranten verliessen den Paradeplatz und zogen zum Lindenhof weiter. /


Leupi sagte, er sei froh, dass alles friedlich abgelaufen sei. Gemäss Stadtpolizei-Sprecher Michael Wirz gab es weder Lärmklagen noch Sachschäden.
Empörte auch in Genf
Auch in Genf protestieren Empörte gegen das Finanzsystem. Sie campieren seit Samstagmittag im Parc des Bastions, der im Stadtzentrum liegt. Bis am Montagabend hatten die Demonstranten ein grosses Tipizelt und rund 15 kleinere Zelte errichtet.
Trotz Kälte übernachteten vom Samstag auf Sonntag rund 15 Personen im Park. Am darauffolgenden Tag seien es bereits etwa doppelt so viele gewesen, hiess es seitens der Genfer Stadtverwaltung. Die Protestierenden werden von der Stadt Genf geduldet.
Widmer-Schlumpf äussert Verständnis
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf zeigte Verständnis für die Proteste. Grund für diese sei die absolute Unverfrorenheit einzelner Banker, sagte die Bundesrätin im «Tagesgespräch» von Schweizer Radio DRS vom Montag.
«Einzelne Banker haben sich absolut masslos verhalten, das wirkt sich auf die ganze Wirtschaft aus», sagte Widmer-Schlumpf. Die Vorgänge bedeuteten eine Zerreissprobe für die Gesellschaft: «Die Ängste reichen bis weit in den Mittelstand. Das muss man sehr ernst nehmen.»