In dem am Dienstag in Madrid eröffneten Prozess vor dem Obersten Gerichtshof wird Garzón zur Last gelegt, bei seinen Ermittlungen zu einem Korruptionsskandal vertrauliche Gespräche zwischen Verdächtigen und deren Anwälten abgehört zu haben.
Bei einer Verurteilung droht Garzón ein Berufsverbot von bis zu 17 Jahren. Da Richter in Spanien in der Regel mit 70 Jahren in Rente gegen, könnte eine Verurteilung für den derzeit suspendierten 56-jährigen Garzón das Ende seiner Karriere bedeuten.
Der Jurist war wegen seiner Ermittlungen gegen ehemalige Militärherrscher in Lateinamerika als Kandidat für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden.
1998 erwirkte er die Festnahme des früheren chilenischen Militärdiktators Augusto Pinochet und sorgte damit weltweit für Schlagzeilen. Er gilt daher vielen als Held internationaler Menschenrechte. In seiner Heimat Spanien hat Garzón jedoch zahlreiche politische Feinde.
Baltasar Garzón, spanischer Ermittlungsrichter. /

Einzigartiger Fall
In dem Madrider Prozess gegen den Richter geht es um einen grossen Korruptionsskandal, den Garzón aufgedeckt hatte, und in den mehrere Politiker der konservativen Volkspartei (PP) des neuen spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy verwickelt waren.
Dabei soll ein Unternehmernetz Mitglieder der PP bestochen haben, um im Gegenzug lukrative Regierungsverträge in den Regionen Madrid und Valencia zu erhalten. Garzón begründete die Abhöraktion damit, dass die Anwälte im Verdacht gestanden hätten, dass sie als Kuriere den Verdächtigen dabei helfen wollten, Schmiergelder in Sicherheit zu bringen.
Laut Anklage verstiess Garzón damit gegen das in der Verfassung verbriefte Recht auf Vertraulichkeit. Demgegenüber wies der Richter darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft die Abhöraktion gebilligt habe.
Der Ermittlungsrichter, der von Garzón den Fall übernahm, liess die Anwälte nach Medienberichten ebenfalls abhören. Nach Angaben der Zeitung «El País» war in Spanien noch nie ein Richter wegen des Abhörens von Gesprächen vor Gericht gestellt worden.