Eine traumhafte Direktabnahme von Zlatan Ibrahimovic und ein «Abstauber» von Sebastian Larsson in der Nachspielzeit sorgten für einen würdigen schwedischen Abgang. Die Skandinavier bewahrten in der Hitze kühlen Kopf und sich selber davor, erstmals seit der WM 1990 wieder ein grosses Turnier ohne Punktgewinn zu beenden.
Erste Pleite seit über 21 Monaten
Frankreich handelte sich durch die bislang klar schwächste Leistung an dieser EM die erste Niederlage seit über 21 Monaten und das Viertelfinal-Duell gegen Titelverteidiger Spanien ein. Die «Equipe tricolore» hatte letztmals Anfang September 2010 beim 0:1 gegen Weissrussland eine Partie verloren. Seitdem reihten die Franzosen 16 Siege und sieben Siege aneinander. Eine nicht einmal annähernd beeindruckende Serie hatte bei Turnierstart keiner der 16 Teilnehmer vorzuweisen.
Der «Aufgalopp» für den ersten Viertelfinal seit der WM 2006, den höchstens ein ukrainischer Sieg gegen England hätte gefährden können, war für Laurent Blancs Mannschaft aus mehreren Gründen eine Enttäuschung. Die Franzosen lieferten in ihrem dritten Auftritt den ersten wirklich schwachen Auftritt ab. Sie waren offensiv nie so wirblig und trickreich wie bis anhin. In der Innenverteidigung fiel Philippe Mexès, der in den vorherigen Partien wieder der gewünschte Rückhalt gewesen war, in alte Muster zurück. Ein Fehler ermöglichte Ola Toivonen beinahe das frühe 1:0, beim schwedischen Führungstreffer konnte Mexès seinen Mailänder Klubkollegen Ibrahimovic nicht an der artistischen Flugeinlage hindern.
Ibrahimovics Technik
Gegen die Ukraine hatte Ibrahimovic die «Tre Kronor» in Führung gebracht, am Ende verloren sie 1:2. Gegen Frankreich traf der Offensivstar der AC Milan erneut zum 1:0. Doch diesmal anerbot sich der Treffer für die besten TV-Sequenzen, die in gut zwei Wochen im EM-Rückblick gezeigt werden. Die Flanke von Sebastian Larsson verwertete Ibrahimovic, technisch kaum zu übertreffen, fliegend mit einem sen-sa-tio-nellen Volleytor.
Mit seinem zweiten Turniertor und dem sechsten an seiner dritten Endrunden-Teilnahme schwang sich Ibrahimovic offiziell in die Gilde der besten EM-Torschützen aller Zeiten auf. In der ewigen Bestenliste liegen nur der Engländer Alan Shearer (9) und der französische UEFA-Präsident Michel Platini (7) noch vor dem schwedischen Captain.
Abschied mit Anstand
«Schweden wird nicht Spalier stehen», hatte Blanc im Vorfeld des letzten Gruppenspiels gewarnt. Mit dieser Vermutung lag der Nationalcoach der «Bleus» richtig. Eine allzu grosse Gefahr stellten die Schweden aber nicht dar, sieht man einmal von der Startphase ab. An beiden gefährlichen Aktionen war Ola Toivonen beteiligt. Nach drei Minuten setzte der Stürmer des PSV Eindhoven einen Kopfball ohne Gegenwehr neben das Tor. Und in der 10. hatte er nach einer verunglückten Intervention von Philippe Mexès den gegnerischen Keeper bereits ausgespielt, den Ball schoss Toivonen aber an den Aussenpfosten.
Bis zu Ibrahimovics Traumtor bissen sich die Schweden in Frankreichs Verteidigung regelrecht fest - oder tappten in regelmässigen Abständen in die Offsidefalle. Aber es war dem Team von Erik Hamrén hoch anzurechnen, dass es sich wie angekündigt erhobenen Hauptes verabschieden wollte. Und dies mit seiner Steigerung in der zweiten Halbzeit auch tat. Unmittelbar vor und nach dem 1:0 musste Frankreichs Keeper Hugo Lloris mehrmals intervenieren. Mit etwas Glück hätte das Skore nach einer guten Stunde bereits 2:0 zugunsten der Schweden gelautet.
Frankreich kommt mit «blauem Auge» davon
Erst nach einer guten Stunde Spielzeit erhöhte Frankreich die Kadenz auf jene Schlagzahl, die man von Beginn weg erwartet hätte. Ertrag gab es aber keinen.
Fahrlässig gespielt: Franck Ribéry und seine Franzosen. /


Mehrere Male scheiterten sie an Goalie Andreas Isaksson, etwa EM-Debütant Yann M'Vila (71.) oder der eingewechselte Jérémy Ménéz (82.). Die Einwechslung eines weiteren Stürmers (Giroud) zeigte höchstens noch den Willen Blancs auf, die Niederlage verhindern zu wollen. Frankreich kam gegen die spielfreudigen Schweden sprichwörtlich mit einem «blauen Auge» davon.
Schweden - Frankreich 2:0 (0:0)
Olympiastadion, Kiew. - 60'000 Zuschauer. - SR Proença (Por). - Tore: 54. Ibrahimovic 1:0. 91. Larsson 2:0.
Schweden: Isaksson; Gränqvist, Mellberg, Jonas Olsson, Martin Olsson; Svensson (79. Holmén), Källström; Larsson, Ibrahimovic, Bajrami (46. Wilhelmsson); Toivonen (78. Wernbloom).
Frankreich: Lloris; Debuchy, Rami, Mexès, Clichy; Diarra, M'Vila (83. Giroud); Ben Arfa (59. Malouda), Nasri (78. Ménéz), Benzema, Ribéry.
Bemerkungen: Schweden ohne Elmander (verletzt), Frankreich komplett. 10. Schuss von Toivonen an den Aussenpfosten. 91. Lattenschuss von Holmén, Larsson verwertet den Abpraller. Verwarnungen: 68. Mexès (Foul/im Viertelfinal gesperrt). 70. Svensson (Foul). 80. Holmén (Foul).