Dem Spitalverband H+ bereiten insbesondere die zusätzlichen bürokratischen Hürden Sorgen. Dadurch werde die Rekrutierung von ausländischem Personal erschwert, sagte Sprecherin Dorit Djelid am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Gemäss Djelid handelt es sich bei 39 Prozent der in der Schweiz praktizierenden Ärzte um Ausländer. Beim Pflegepersonal betrage der Anteil 33 Prozent. Der Grossteil der ausländischen Arbeitskräfte in der Gesundheitsversorgung stamme aus einem der Nachbarländer, aus denen der Bundesrat die Zuwanderung nun eingeschränkt hat.
Nach dem Entscheid des Bundesrats wird die Zahl der B-Bewilligungen für Zuwanderer aus den alten EU-Ländern während eines Jahres auf 53'700 kontingentiert. 2012 wurden 55'430 B-Bewilligungen an Bürger aus den so genannten EU-17-Ländern ausgestellt. Zahlenmässig hält sich die Auswirkung folglich in Grenzen.
Überstunden für Ärzte
Bei den Ärzten ist man trotzdem beunruhigt. Weil in der Schweiz nicht genügend Mediziner ausgebildet würden, seien Schweizer Spitäler in grossem Ausmass auf ausländische Fachkräfte angewiesen, teilte der Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO) am Donnerstag mit.
Aus Sicht des Verbandes verschärft die Beschränkung der Zuwanderung aus der EU die Arbeitssituation in den Spitälern. Bereits heute würden Assistenz- und Oberärzte «häufig deutlich mehr als die gesetzlich erlaubten 50 Stunden pro Woche» arbeiten.
Der VSAO befürchtet nun, dass das Arbeitsgesetz weiter geritzt wird, wenn die freien Stellen nicht mehr mit ausländischem Personal besetzt werden können.
L-Bewilligung als Ausweichmöglichkeit
Kaum Auswirkungen dürfte die Ausdehnung der Ventilklausel für die Tourismusbranche haben. Meist würden die ausländischen Arbeitskräfte mit Kurzarbeitsverträgen ausgestattet, sagte Mario Lütolf, Direktor des Schweizer Tourismus-Verbandes (STV) auf Anfrage.
Ärzte befürchten zusätzliche Überstunden, (Symbolbild) /


Dies, weil der Arbeitskräftebedarf der Branche saisonal stark schwanke und sich auf die Sommer- und Wintermonaten konzentriere.
Der Bundesrat hat darauf verzichtet, die Zahl der Kurzaufenthaltsbewilligungen zu kontingentieren. Diese werden für befristete Aufenthalte von weniger als einem Jahr ausgestellt. Nach der Anrufung der Ventilklausel gegenüber den EU-8-Staaten im vergangenen Jahr war deshalb eine Verschiebung von den B- zu den L-Bewilligungen zu beobachten.
Für Astrid Haida, Sprecherin von GastroSuisse, ist der Weg über die L-Bewilligungen denn auch eine Möglichkeit, um Rekrutierungsproblemen auszuweichen. Nichtsdestotrotz bedeute die Ventilklausel für die Gastrobranche, in der sich der Anteil ausländischer Arbeitskräfte auf mehr als 40 Prozent belaufe, einen administrativen Mehraufwand.
Zu früh für Urteil
Betroffen von der Ventilklausel ist auch die chemisch-pharmazeutische Industrie, in der rund rund die Hälfte aller Beschäftigten ausländische Arbeitskräfte sind. Gemäss Marcel Sennhauser, Sprecher des Branchenverbandes Scienceindustries, ist es allerdings noch zu früh, um die Auswirkungen der Zuwanderungsbegrenzung abschätzen zu können.
Viele Ausländer würden mit langfristigen Verträgen ins Land geholt, sagte Sennhauser. Aus diesem Grund müssten die Fachkräfte wegen der Ventilklausel wohl vermehrt in Asien oder in den USA rekrutiert werden.
Erleichterung bei Gemüseproduzenten
Erleichterung herrscht nach dem Bundesratsentscheid dafür bei den Gemüseproduzenten. Der schlimmste Fall sei nicht eingetroffen, die Branche sei mit einem blauen Auge davongekommen, teilte der Verband Schweizer Gemüseproduzenten am Donnerstag mit.
Der Verband hatte im Vorfeld befürchtet, dass auch die L-Bewilligungen kontingentiert würden. Das hätte besonders für Freilandbetriebe, die nur während der Saison Bedarf an ausländischen Arbeitskräften haben, einen erheblichen Einschnitt bedeutet.
Durch die nun beschlossene Ventilklausel für Daueraufenthalter würden die inländischen Gemüseproduzenten hingegen «nicht stark geschwächt».