Die australischen Stars - Lleyton Hewitt, der sein letztes Einzel bestritt, und Bernard Tomic, der Hewitt mit Nick Kyrgios zusammen ersetzen soll - verdrängten Stan Wawrinka, den Turniersieger von 2014 und Halbfinalisten des Vorjahres, am Donnerstag auf den drittgrössten Platz, die Hisense Arena. Auf diesem Court trainierte Wawrinka nie, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass er dort würde spielen müssen. Aber nichts warf den Waadtländer aus dem Rhythmus. Schon gar nicht Gegner Radek Stepanek, der ihn vor Jahren fünfmal in Folge besiegt hatte. Anderthalb Stunden lang spielte Wawrinka wie aus einem Guss. Er führte gegen den ehemaligen Angstgegner 6:2, 6:3, 3:1. Erst ganz am Schluss leistete sich Wawrinka noch Schönheitsfehler.
Wawrinka brachte den Aufschlag erstmals im Turnier nicht durch. Stepanek glich zum 3:3 aus. Und nach dem neuerlichen Break zum 4:3 musste Wawrinka auch in seinen letzten beiden Servicegames je drei Breakbälle abwehren. Ging ihm die Energie aus? Schliesslich musste auch Wawrinka (wie Federer und Bencic) vor Turnierbeginn wegen einer leichten Erkrankung das Traningspensum reduzieren. Drei Tage lang trainierte er nicht. Und im Startspiel gegen Dimitri Tursunow hatte Wawrinka phasenweise lethargisch gewirkt. Wawrinka: «Nein, nein, alles läuft nach Plan. Alles entwickelt sich in die richtige Richtung. Die Energie ist da.»
Gutes Spiel
Bei der Beurteilung seiner Leistung orientierte sich Wawrinka primär an den ersten 90 Minuten und nicht an den Konzentrationsmängeln während der letzten halben Stunde. Er sei «wirklich glücklich», wie gut dieses heikle Spiel gelaufen sei. «Ich erwarte nie, dass eine Partie einfach wird. Aber wenn es mir läuft, sehe ich gegen viele Gegner gut aus. Heute ist es mir gelaufen. Und ich erwarte auch von mir, dass ich einen Spieler wie Radek Stepanek, der immer die Offensive sucht, dominieren kann.»
Das ist nicht despektierlich gemeint. Aber Stepanek ist mittlerweile 37 Jahre alt. Die fünf Siege gegen Wawrinka gelangen ihm in seinen besten Jahren (26 bis 30). Wegen einer Rückenverletzung, wegen der er die erste Hälfte der Saison 2015 verpasste, fiel er in der Weltrangliste auf Platz 188 zurück. Stepanek ist der älteste Spieler seit 38 Jahren (und Bob Carmichael und Ken Rosewall), der am Australian Open die 1. Runde überstand.
Stan Wawrinka ist am Australian Open auf Kurs. /


Auch Wawrinka will noch lange spielen. Der bald 31-Jährige ist überzeugt, dass er die besten Jahre seiner Karriere noch vor sich hat. «2015 war mein bislang bestes Jahr. Aber ich weiss, dass ich mich noch verbessern kann. Ich nehme alles, was mit meinem Job und der Karriere zu tun hat, sehr ernst. Ich will in der Weltrangliste so gut wie möglich klassiert sein. Ich will so viele Spiele wie möglich gewinnen. Bislang lief das neue Jahr mit einem Turniersieg (in Chennai) und lauter Siegen ausgezeichnet an.» Der nächste Sieg soll am Samstag gegen Lukas Rosol (ATP 54) folgen.
Bacsinszky: «Geduld ist gefragt»
Gar nicht gut begann die neue Saison dagegen für Timea Bacsinszky. An drei Turnieren in Australien (Brisbane, Sydney, Melbourne) feierte sie bloss einen Sieg, jenen am Dienstag gegen den tschechischen Teenager Katerina Siniakova. Die gute Leistung in dieser Partie hatte Hoffnungen geschürt. Diese wurden in der 2. Runde von der Deutschen Annika Beck (WTA 55) mit 2:6, 3:6 zerstört. Erstmals seit acht Monaten und dem Masters-Turnier von Rom verlor Bacsinszky wieder gegen eine Gegnerin von ausserhalb der Top 50.
«Natürlich bin ich traurig», so Bacsinszky. «Annika (Beck) spielte gut, während ich nicht effizient auftrat. Ich fühlte mich läuferisch nicht auf der Höhe. Aber damit hatte ich ja gerechnet. Ich wusste schon, als ich nach Australien flog, dass mir nach der Knieverletzung im Herbst gegenüber der Konkurrenz ein paar Wochen fehlen. Jetzt ist vor allem Geduld gefragt. Ich trainiere viel und gut. Die Resultate werden sich wieder einstellen - vielleicht in zwei Monaten, vielleicht auch erst in sechs. Am liebsten würde ich natürlich sofort wieder viel gewinnen.»
Die Hoffnung gab sie im Spiel gegen Annika Beck nie auf. Dimitri Zavialoff, ihr Coach, der vorher schon Stan Wawrinka vom Regionalspieler in die Top Ten geführt hat, habe ihr auf die Schulter geklopft und gratuliert dafür, dass sie nie aufgegeben habe. Bacsinszky: «Ich hoffte auf ein Kunststück wie in Peking gegen Sara Errani, als ich nach einem 0:6, 0:3-Rückstand noch gewann (und später den Final erreichte).» Der Anfang zur Wende gelang Bacsinszky. Nach einem 2:6, 0:3-Rückstand schaffte sie gegen Beck nochmals den Ausgleich. Die Deutsche liess sich aber nicht mehr von der Siegesstrasse abbringen: Nach Bacsinszkys Zwischenspurt gewann sie bis zum verwandelten Matchball elf der letzten 13 Punkte.