Nur selten aber räumen Herstellerfirmen so viel
experimentelle Freiheit ein wie der Schweizer Teppichhersteller
Ruckstuhl, für den neun Autorendesigner und Künstler eine
besondere Kollektion entwerfen sollten: die Edition Ruckstuhl
2010, die im April auf der Mailänder Möbelmesse präsentiert
wurde. Die einzige Vorgabe des seit 1881 bestehenden Schweizer
Familienunternehmens lautete dabei, in erster Linie Naturmaterialien
verwenden zu müssen. Insgesamt sind zwölf Teppiche in
limitierter Auflage entstanden – jeder auf seine Art so unverwechselbar
wie die Designer selbst: Jutta Bernhard, Fiorella Fasciati,
Claudy Jongstra, Marcello Morandini, Deborah Moss, Atelier Oï,
Céline Sorigue, Ursula Spicher-Waldburger, Hugo Zumbühl.
Peter Ruckstuhl, Geschäftsleiter sowie Initiator und Kurator der Edition,
hatte es sich dabei zur Aufgabe gemacht, die Protagonisten so
auszuwählen, dass ganz unterschiedliche Entwurfsansätze und
differenzierte Techniken sichtbar werden. Vier Designer möchten
wir an dieser Stelle mit ihren Teppichentwürfen etwas näher vorstellen:
Céline Sorigue ist eigentlich in der Welt der Pariser Haute Couture
zu Hause. Ende der Achtzigerjahre absolvierte sie eine Ausbildung
zur Modedesignerin und gründete 1994 das Atelier
Alexandre et Céline. Sie entwirft unter anderem exklusive Stoffe
für Chanel, Dior oder Galliano.
«Red Flower» und «Golden Stripes» von Céline Sorigue: Filz aus Schurwolle in
Kombination... /

... mit Kunstharz. Die Modedesignerin entwirft... /

...hauptsächlich Stoffe für die Pariser Haute Couture. /

«Venezia» von Textildesignerin Ursula Spicher-Waldburger... /

...Der 310 × 377 cm grosse Schurwollteppich wurde aufwendig bestickt. /

Details des Teppichs «Venezia» von Textildesignerin Ursula Spicher-Waldburger. /

«Pompon» von Hugo Zumbühl besteht aus Schurwolle und Fell-Püschelchen... /

...Der Designer verwendet aber auch gerne recycelte Materialien wie Fahrradschläuche und ausgediente Armeefilzdecken. /

«Frisian Wouw» von Claudy Jongstra ist aus Wolle gefertigt /

Die Filzkreationen der Niederländerin sind... /

...mittlerweile international bekannt und... /

...fanden bereits ihren Weg... /

...in renommierte Kunst- und Designmuseen. /


Aber auch in der Haute Décoration
hat sie bereits Fuss gefasst und arbeitete beispielsweise mit
Philippe Starck zusammen. Für ihre Entwürfe «Red Flower» und
«Golden Stripes» verwendete sie Filz, dessen applizierte Zeichnungen
mit Kunstharz beschichtet wurden.
Die Textildesignerin Ursula Spicher-Waldburger hingegen brachte bei «Venezia»
ihre Leidenschaft zur (maschinellen) Stickerei zum Ausdruck und
setzte dabei ihre Idee typografisch um. Auch in ihrem Atelier und
Stoffladen «Pieks!» hat sie sich dieser textilen Technik verschrieben.
Was dem einen die Leidenschaft für Stickerei, ist dem anderen
die Liebe zur Webkunst. Hugo Zumbühl begleitet dieses Thema
schon seit vielen Jahren. Der Luzerner machte eine Ausbildung
zum Werk- sowie Zeichenlehrer und beteiligte sich Mitte der Siebzigerjahre
am Aufbau einer Weberei-Kooperative – einem Entwicklungshilfeprojekt
in Peru –, bei dem er alte Färbetechniken
für Wolle erforschte. Zusammen mit Peter Birsfelder gründete er
später das Label TeppichArtTeam. Seine Entwürfe bestehen nicht
nur aus recycelten Materialien wie Kaffeesäcken aus Jute oder alten
Fahrradschläuchen, sondern beispielsweise auch aus flauschigem
Chenille-Garn mit eingearbeiteten Fell-Knäuel wie bei «Pompon».
Die wildeste Kreation unter den Teppichentwürfen dürfte wohl
«Frisian Wouw» von Claudy Jongstra sein. Die niederländische
Textildesignerin arbeitet nicht nur mit bekannten Modeschöpfern
und Architekturbüros zusammen, sondern ist mit ihren Filzkreationen
bereits in international renommierten Kunst- und Designmuseen
wie dem New Yorker MoMA vertreten.