Die Gefängnisstrafe entspreche der gleichen Dauer wie die beiden Geschäftsleute bereits in Libyen festgehalten würden, stellte Merz weiter fest. Betrübt zeigte sich der Bundespräsident aber nicht nur wegen den beiden Festgehaltenen, sondern auch wegen deren Angehörigen.
Das Urteil bezeichnete Merz zwar als eine «ungute Entwicklung», der Bundespräsident konnte ihm aber auch eine positive Seite abgewinnen: Es sei «ein Schritt vorwärts», sagte er im Westschweizer Radio RSR.
Rückkehr zum Rechtsstaat
Die Verurteilung bedeute eine Rückkehr zum Rechtsstaat, begründete er. Das sei ein Vorteil, denn im Rahmen eines Rechtsstaats könne ein juristisches Dossier mit juristischen Mitteln abgeschlossen werden. So sei es auch möglich, dass die politischen Machthaber die beiden Schweizer begnadigten, legte Merz eine weitere Option dar.
Derweil äusserte sich die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zum Urteil gegen die zwei Schweizer in Libyen. Das Urteil erscheine unverhältnismässig: Falls den Schweizern wirklich Visavergehen zur Last gelegt würden, sei die Strafe von 16 Monaten Gefängnis zu hoch.
Keine Urteilsbegründung
Ein administratives Delikt dürfe nicht mit einer unbedingten Gefängnisstrafe sanktioniert werden, sagte Manon Schick, Sprecherin von Amnesty International, auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Das gelte überall in der Welt.
Für Amnesty International gestaltet sich aber eine Einschätzung des Urteils als schwierig, da weder eine schriftliche Urteilsbegründung noch eine Anklageschrift dazu vorliegt.



Dossier mit juristischen Mitteln abschliessen: Bundesrat Merz in der gestrigen Fragestunde des Nationalrats. /


Es liegt auch keine Frist vor, bis eine Begründung des Urteils vorliegen soll.
Bei den Angehörigen herrscht weiter Ungewissheit: Ihr bleibe nichts anderes übrig, als abzuwarten, sagte Bruna Hamdani, die Ehefrau einer der zwei festgehaltenen Schweizer, am Mittwoch der SDA.
Das Urteil gegen die Schweizer wurde am Dienstag bekannt. Die zwei Geschäftsleute seien am Montag in Abwesenheit verurteilt worden, sie befänden sich weiter in der Schweizer Botschaft in Tripolis, teilte das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mit.
Bulgarische Krankenschwester meldet sich
Die beiden Schweizer haben eine Woche Zeit, Rekurs gegen das erste Urteil einzulegen.
Dies müsse die Schweiz auch tun, empfiehlt Emmanuel Altit, ehemals Anwalt der bulgarischen Krankenschwestern, die während acht Jahren in Libyen gefangen gehalten wurden. Altit äusserte sich in der Westschweizer Zeitung «Le Matin».
«Regeln des Spiels lernen
Die Schweiz müsse »die Regeln des libyschen Spiels lernen«. Die zwei Schweizer würden erst an dem Tag freigelassen, »an dem die Libyer mehr Nachteile als Vorteile haben, sie zu behalten.«
Der französische Anwalt fordert die Schweiz auf, das Kräfteverhältnis im Streit mit Libyen umzukehren. Die Familien der beiden Schweizer müssten stärker eingebunden werden. Zudem müsse die Schweiz dafür sorgen, dass hohe europäische Amtsträger Libyen ins Visier nähmen.