«Die Polizei hat klare Anweisungen erhalten, jede Demonstration zu verhindern und notfalls auch direkt auf mögliche Demonstranten zu schiessen», hiess es aus ägyptischen Sicherheitskreisen.
Mehrere ägyptische Oppositionsparteien und lose organisierte Protestbündnisse hatten die Muslime und Christen des Landes aufgerufen, am Freitag nach dem Gebet in der Moschee und nach dem Kirchgang erneut zu demonstrieren.
Al-Baradei als Chef einer Übergangsregierung
An die Spitze der Protestbewegung will sich der ägyptische Friedensnobelpreisträger Mohammed Al-Baradei stellen, der am Donnerstagabend in Kairo eintraf. Der frühere Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA hat sich bereits als Chef einer Übergangsregierung angeboten.
Die Proteste gegen Korruption und steigende Preise und für einen Rücktritt von Präsident Husni Mubarak und seiner Regierung dauern schon seit dem vergangenen Dienstag an.
Die ägyptischen Telekommunikationsfirmen sollen in einer geheimen Krisensitzung beschlossen haben, im Falle einer Eskalation der Proteste alle Kommunikationskanäle zu kappen.
Viele liberale Ägypter fürchten, dass die offiziell verbotene Muslimbruderschaft, die für eine Islamisierung des Staates eintritt, jetzt auf den fahrenden Protestzug aufspringen wird, der nicht von ihnen, sondern hauptsächlich von Studenten und jungen Arbeitslosen in Gang gesetzt worden war.
Internet-Unterbruch
Seit Mitternacht war auch das Internet unterbrochen, über das Information und Koordination bei den Demonstrationen der letzten Tage liefen. Mehrere Mitglieder der oppositionellen Muslimbruderschaft wurden verhaftet. Weitere Grossdemonstrationen wurden nach dem Freitagsgebet erwartet.
Tränengaseinsatz der Polizei in der Innenstadt von Kairo am Mittwoch. /


Die Entwicklungen galten als Vorbote eines noch härteren Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die bislang grössten Demonstrationen gegen die fast 30-jährige Herrschaft Mubaraks. Beamte der Antiterror-Polizei, die sonst nur selten in der Öffentlichkeit gesehen werden, gingen an zentralen Plätzen, darunter dem Schauplatz der bisher grössten regierungsfeindlichen Kundgebungen, dem Tahrir-Platz, in Stellung.
Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter haben eine wichtige Rolle bei Information und Koordination der Proteste gegen Mubarak gespielt - ähnlich wie in Tunesien, wo Präsident Zine Al-Abidine Ben Ali nach 23 Jahren autoritärer Herrschaft am 14. Januar vor einer Volksbewegung ins Exil floh.
Mohamed Al-Baradei als wichtige Unterstützung
Am Donnerstagabend fielen in Ägypten die Verbindungen zu Facebook und Twitter aus, auch die SMS-Dienste für Mobiltelefone und BlackBerry-Messenger-Dienste waren unterbrochen. Dann fiel nach Mitternacht das Internet aus.
Die italienische Internetfirma Seabone, einer der grössten Online-Dienstleister in Ägypten, teilte mit, dass nach Mitternacht kein Datenverkehr nach und aus Ägypten mehr möglich gewesen sei.
Am Donnerstag hatte die Basisbewegung gegen Mubarak mit der Rückkehr von Friedensnobelpreisträger Mohamed Al-Baradei wichtige Unterstützung erhalten. Auch die oppositionelle Muslimbruderschaft stellte sich hinter die Protestbewegung.
Mindestens fünf führende Mitglieder der Bruderschaft und fünf frühere Parlamentsabgeordnete wurden nach Mitternacht verhaftet, wie ein Anwalt der Oppositionsgruppe, Abdel Moneim Abdel Maksud, und ihr Sprecher Walid Schalabi mitteilten. Bei Razzien in und ausserhalb Kairos seien viele weitere Mitglieder der Bruderschaft festgenommen worden.